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Politik: „Die Amerikaner sind schuld“

Die US-Soldaten schützen uns nicht genug – sagen viele Iraker nach dem Angriff auf die jordanische Botschaft

Bagdad. Der erste größere Terroranschlag im Irak kam nicht unerwartet. Überraschend ist nur, dass die jordanische Botschaft zum Ziel wurde. Vor knapp 100 Tagen, am 1. Mai, hatte US-Präsident George W. Bush das Ende der größeren Kampfhandlungen verkündet. Die täglichen Angriffe mit Granaten und Panzerfäusten auf US-Soldaten und der Anschlag auf die Botschaft mit mehreren Toten zeigen jedoch, dass die US-Truppen zwar den Krieg, aber noch nicht den Frieden gewonnen haben. Es ist gerade diese fehlende Sicherheit im Alltag, die die Bevölkerung am meisten gegen die US-Truppen aufbringt.

Der Anschlag auf die jordanische Botschaft in Bagdad ließ die Mauer des zweistöckigen Gebäudes im Westen der Hauptstadt an vielen Stellen einstürzen, auch die Fassade der im islamischen Stil gebauten Villa wurde beschädigt. Steintrümmer lagen im Vorgarten. Mehrere Autos brannten aus, von einigen Fahrzeugen blieb nach der gewaltigen Explosion nur das Fahrgestell übrig. Noch lange nach dem Attentat stieg Rauch aus den Trümmern auf.

Augenzeugen berichteten von mehreren Toten. Vor der Botschaft hatten Mitglieder der neu formierten irakischen Polizei Wache gehalten. Sie hatten ebenso wenig eine Überlebenschance wie andere Iraker, die in einer Schlange gewartet hatten, um in der Botschaft persönliche Angelegenheiten zu klären, oder die getöteten irakischen Botschaftsangestellten.

Noch rätseln viele Menschen in Bagdad, warum ausgerechnet die jordanische Botschaft zum Ziel des Attentats wurde. Einerseits könnte der Anschlag wegen der traditionell freundschaftlichen und engen Beziehungen zwischen dem jordanischen Königshaus und den USA verübt worden sein. Auch schenkten viele Iraker der jordanischen Führung wenig Glauben, was ihre „Anti-Kriegs- Rhetorik“ vor den amerikanischen Angriffen betraf. Eine andere Erklärung lautet: Der Anschlag sei Rache dafür, dass Jordanien den beiden ältesten Saddam-Töchtern Raghad und Rana Zuflucht gewährt.

Die irakische Tageszeitung „El Jom el Achir“ hatte am Montag geschrieben, dass 300 000 Iraker mit einer Unterschriftensammlung die Vertreibung aller Jordanier aus dem Irak forderten, weil Iraker in Jordanien schlecht behandelt würden. Auch dies könnte nach ersten Reaktionen von Irakern ebenso ein Motiv sein wie das schlechte Verhältnis zwischen dem Führer des Irakischen Nationalkongresses, Ahmed Chalabi, und Amman. Nach dem Anschlag waren mehrere Demonstranten in die Botschaft eingedrungen und hatten zusätzlichen Schaden angerichtet. Sie zerstörten unter anderem die Porträts von König Abdullah sowie dessen Vater König Hussein von Jordanien.

Die Menschen, die sich im Umfeld der Botschaft zusammenliefen, reagierten schockiert. „Ich bin zwar gegen die US-Soldaten, aber auch gegen die, die so etwas machen“, sagte ein Anwohner. Eine aufgebrachte Frau dagegen sagte, „das alles“ sei „die Schuld der US-Soldaten“. Andere Anwohner beschwerten sich auch, dass die sonst allgegenwärtigen US-Patrouillen nach dem Anschlag erst spät an Ort und Stelle eingetroffen seien. „Wäre auch nur ein einziger Amerikaner getötet worden, wären sie eine Sekunde später da gewesen“, mutmaßte ein Mann.

Ziad Haris[Hans Dahne (dpa)]

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