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Politik: „Die Angst vor dem Wähler ist kein guter Ratgeber“

CDU-Wirtschaftsratschef Lauk fordert Strategiewechsel im Streit mit der SPD um Mindestlöhne

Ist die CDU beim Thema Mindestlohn erpressbar geworden, Herr Lauk?

So weit will ich nicht gehen.

Aber?

Aber die CDU muss dringend dafür sorgen, dass ihre wirtschaftspolitische Glaubwürdigkeit nicht der Salamitaktik der SPD zum Opfer fällt. Nach der so- genannten Einigung der Koalition auf einen Post-Mindestlohn will die SPD Branche für Branche weitere Lohnuntergrenzen festsetzen. So soll in Deutschland Schritt für Schritt ein flächendeckender Mindestlohn eingeführt werden. Diesem ökonomischen Populismus dürfen wir uns nicht beugen. Die CDU muss auf dem Parteitag in Hannover dringend die Grenze aufzeigen und klar festlegen, dass mit ihr ein weiterer Missbrauch des Entsendegesetzes nicht zu machen ist.

Mehrere CDU-Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin haben sich am Wochenende offen für die Einführung von Mindestlöhnen in weiteren Branchen gezeigt. Wie erklären Sie sich das?

Die Angst vor dem Wähler ist keine gute Ratgeberin. Der Wirtschaftsrat der CDU sieht die akute Gefahr, dass die Union dem populistischen Feldzug zur Einführung gesetzlicher Mindestlöhne vor dem Hintergrund verschiedener Landtagswahlen nicht standhalten kann. Deshalb brauchen wir einen Strategiewechsel.

Wie soll der Strategiewechsel aussehen?

Wir müssen der SPD ein Gesamtpaket entgegensetzen. Erster Punkt: Mindestlöhne dürfen ausschließlich von den Tarifparteien selbst vereinbart werden, der Staat zieht sich völlig zurück, Allgemeinverbindlichkeitserklärungen für einzelne Branchen unter Missbrauch des Entsendegesetzes darf es nicht mehr geben. Zweiter Punkt: Arbeitnehmer und Arbeitgeber schließen betriebliche Bündnisse für Arbeit, um in Krisenzeiten flexibel reagieren zu können und jenseits von Tarifverträgen Vereinbarungen zu treffen, mit denen die Existenz des Unternehmens gesichert werden kann. Dritter Punkt: Der Kündigungsschutz wird gelockert, damit der Arbeitsmarkt flexibler wird und mehr Menschen wieder in Beschäftigung kommen.

Glauben Sie zwei Monate vor den Wahlen in Hessen und Niedersachsen wirklich an einen solchen Parteitagsbeschluss?

Ich hoffe auf klare Entscheidungen in Hannover. Wir müssen der SPD unsere Überzeugungen entgegensetzen, wenn wir unsere wirtschaftspolitische Kompetenz nicht verlieren wollen.

Die Fragen stellte Stephan Haselberger.

Kurt Lauk (61)

ist Präsident des Wirtschaftsrates der CDU, eines unternehmerischen Berufsverbandes mit rund 10 000 Mitgliedern. Er ist

Europaabgeordneter der CDU.

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