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Politik: Die Bundesstadt am Rhein wirkt sommerlich matt und abgestorben

Der Anruf beim Chef vom Dienst (CvD) im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, unter der bekannten Bonner Nummer, landet nach einem zarten Knacken - in Berlin. Dort ist, man spürt es am Montag schier durch die Leitung, einiger Betrieb.

Der Anruf beim Chef vom Dienst (CvD) im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, unter der bekannten Bonner Nummer, landet nach einem zarten Knacken - in Berlin. Dort ist, man spürt es am Montag schier durch die Leitung, einiger Betrieb. Weil doch für den späten Nachmittag der Kanzler im neuen und zugleich provisorischen Kanzleramt zum ersten Arbeitstag angesagt ist. Mitsamt 275 Mitarbeitern, die allerdings nur gut die Hälfte der Beschäftigten in der Regierungszentrale ausmachen. Die anderen, es sind immer noch 245, bevölkern nach wie vor die Schreibtische in dem gläsernen und zugleich dunklen Geviert unter der Adresse "Adenauerallee 139 - 141, 53113 Bonn".

Wer weshalb jetzt gewechselt hat und wer später umziehen wird, wenn das neue Kanzleramt fertig gestellt ist, das war am Montag in Bonn zumindest nicht deutlich auszumachen. Jedenfalls hieß es, die Abteilungen im Amt - von der Zentralabteilung Innen und Recht bis zur Abteilung Gesellschaftliche und Politische Analysen - seien auf Zeit durchweg geteilt worden. Dass die Koordination trotzdem klappt, so ist die Hoffnung der am Rhein Zurückgebliebenen, müsste in multimedialer Zeit außer Frage stehen: Zentrale Schaltsysteme, neue Rufnummern ohne die vertrauten Vorwahlnummern, nur mit einer Ziffernfolge 01888, sollen rasche Verbindung ermöglichen.

Vor den Toren des Kanzleramtes, durch dessen Gitterzäune die mächtige Moore-Plastik in der Sonne glänzt, verlieren sich einige Sommertouristen; genauso am benachbarten Bundesrat und dem bisherigen Bundestagsplenum. Noch immer überall Möbelwagen, Abfallcontainer und "Reißwölfe" von beträchtlicher Dimension für die abgelegten Akten der Politiker. Das alte Regierungsviertel wirkt sommerlich matt, auf den ersten Blick wie immer um diese Jahreszeit, auf den zweiten dagegen abgestorben.

Das so genannte "politische Bonn", wie es die Jahre über hieß, ist abhanden gekommen, obwohl doch einige Ministerien weiter ihren ersten Sitz am Rhein haben - und haben sollen. Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer hat in der vergangenen Woche einige kontroverse Konferenzen mit Ärzten, Krankenhaus- und Arzneimittelvertretern über die Zukunft der Gesundheitsreform am Stammsitz in Bonn geführt; das war es dann auch. In dieser Woche verhandelt der Kanzlerbeauftragte Otto Graf Lambsdorff im bisherigen Auswärtigen Amt über eine Stiftung für ehemalige NS-Zwangsarbeiter, und Bildungsministerin Edelgard Bulmahn wird am Donnerstag eine Sitzung der Arbeitsgruppe "Aus- und Weiterbildung" im Rahmen des "Bündnisses für Arbeit" in Bonn leiten. Umweltminister Trittin, dem Gesetz nach weiter ein Bonner, hat hingegen wichtige neue Vorhaben bereits in Berlin vorgestellt.

Wie zum Trotz haben das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Bonn für Sonnabend zu einem großen Standort- und Kulturabend eingeladen; unter dem Motto "Bonn international". Polit-Prominenz wird fehlen. Dafür ist Nina Hagen als "Promi" angekündigt.

Klaus J. Schwehn

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