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Politik: Die Kinder der Eisernen Lady

Vor 25 Jahren wurde Margaret Thatcher Premierministerin – auch die Labour-Regierung hat ihre Politik akzeptiert

Im Londoner „Savoy Hotel“ haben die britischen Konservativen am Dienstagabend das 25. Jubiläum des Regierungsantritts von Margaret Thatcher gefeiert. Die Jubilarin, bald 80 Jahre alt, war dabei. Die Tories, die britischen Konservativen, waren gespannt, ob sich Margaret Thatcher an das Redeverbot halten würde, das der Arzt ihr nach einer Reihe „kleiner Schlaganfälle“ erteilt hat. Offiziell äußert sich die „Eiserne Lady“ nicht mehr. Sie schreibt auch keine Artikel mehr. Nur gelegentlich sickern aus ihrem engeren Kreis brockenhafte Kommentare zum Weltgeschehen durch. „Wir haben wieder eine verwirrte Labour-Regierung, wie vor 25 Jahren", soll sie jetzt gesagt haben, und: „Die Konservativen stehen wieder vor der Herausforderung, unser Land zu retten“.

Die meisten britischen Kommentatoren glauben, dass diese Ansicht etwas übertrieben ist. Vielmehr steht Großbritannien so gut da, dass Labour den Wahlkampf für die Regionalwahlen im Juni mit einem Plakat eröffnete, auf dem mit anderen Tory-Führern auch Margaret Thatcher abgebildet ist. Dazu der Slogan: „Großbritannien funktioniert. Lasst die Tories es nicht wieder kaputtmachen“.

Aber die meisten wissen auch, dass es Thatchers Reformen waren, die Großbritanniens wirtschaftliche Kehrtwende bewirkten. Tory-Chef Michael Howard, als ewig gestriger Thatcherist verschrien, aber nach der neuesten Meinungsumfrage der erste Konservative seit zehn Jahren, der eine Chance haben könnte, Labour und den krisengeschüttelten Tony Blair zu schlagen, verglich Thatcher am Dienstag beim Dinner im Savoy mit Winston Churchill. Wie er habe sie durch schieren Mut und Entschlusskraft die Nation gerettet, sagte Howard. „Im Mai 1979 stand Großbritannien vor dem nationalen Niedergang. Die meisten sahen die Aufgabe eines Politikers im Management dieses Niedergangs. Aber eine Frau sah es anders“.

Der Winter des Missvergnügens

Konservative Zeitungen erinnern nun ausführlich an die Situation im „Winter des Missvergnügens“ zu Beginn des Jahres 1979. Im europäischen Vergleich liefen die Briten Gefahr, Schlusslicht zu werden. Die Lastwagenfahrer streikten, um 25 Prozent mehr Lohn zu bekommen. Krankenhäuser nahmen nur Notpatienten auf, wobei die Gewerkschaften entschieden, wer ein Notfall war und wer nicht. Tote wurden nicht begraben. Müllberge machten ganze Straßenzüge unpassierbar. Für Thatcher war das alles das Erbe von Labours „sozialistischen Ambitionen“ und der Ursünden des Sozialismus: „Planwirtschaft, Regulierung, Kontrolle und Subvention“.

Blair als Thatcher?

Eine Lektion bläute sie den Briten besonders wirkungsvoll ein: „Regierungen haben kein eigenes Geld. Sie haben nur das Geld der Steuerzahler“. Nie wurden in Europa die Schutzwälle des Sozialstaates so radikal eingerissen wie in jenen Sturm- und Krisenjahren des Thatcherismus – weshalb sie gerade in Deutschland in den letzten Jahren so intensiv diskutiert wurden. Man wirft Thatcher vor, durch ihr radikales Zurückfahren des Sozialstaates gesellschaftliche Solidarität untergraben zu haben. Sie brachte nicht „Harmonie“, wie sie mit einem Franz-von-Assisi-Zitat bei ihrem Einzug in die Downing Street versprach, sondern Sozialkämpfe.

Aber bis heute haben es Blair und sein Schatzkanzler Gordon Brown nicht gewagt, den von Thatcher gesenkten Einkommensteuersatz wieder zu erhöhen. Labours Kampf gegen Subventionen, Blairs Außenpolitik, das Auftreten der Briten im Kosovo, in Afghanistan und nun im Irak – das alles sind „thatcheristische“ Züge der Blair-Regierung, die nun in der eigenen Partei für mehr und mehr Irritation sorgen.

Und es gibt noch eine Parallele: Die nun auf 25 Mitglieder erweiterte EU entspricht in vieler Hinsicht der Vision Thatchers. Nicht nur verfocht sie den EU-Binnenmarkt, sondern war auch die Erste, die auf die EU-Erweiterung drängte. „Wir werden Warschau, Prag und Budapest immer als große europäische Städte betrachten“, sagte sie 1988 in ihrer viel kritisierten Rede in Brügge, in der sie ihre Wendung gegen das „föderale Europa“ zur Doktrin erhob. Wenn Blair heute bei den Verhandlungen über die EU-Verfassung seine „roten Linien“ und das Veto in Steuerfragen verteidigt, dann vergleichen das britische Zeitungen gerne mit dem „Nein, nein, nein“ Margaret Thatchers zu den Maastricht-Verträgen. „Nun bedeutet Blairs Ankündigung eines Referendums“, schrieb Portillo, „dass die Briten vermutlich ihr Veto gegen die Verfassung einlegen werden. Frau Thatcher kann stolz auf ihn sein“.

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