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Politik: Die Lage ist schlecht, die Stimmung prächtig

Bremen steckt jeden Euro in die Wirtschaftsförderung, doch die Arbeitslosigkeit bleibt – ohne Hilfen vom Bund geht es nicht

„Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie", wusste schon Wirtschaftswunder-Kanzler Ludwig Erhard (CDU). Die große Koalition in Bremen beherzigt seit acht Jahren diese Weisheit und verbreitet so viel Optimismus, dass vielfach der Eindruck entsteht, die hochverschuldete Hansestadt sei auf dem besten Wege der Sanierung. In Wirklichkeit ist die Lage erheblich schlechter.

Der Zwei-Städte-Staat mit 660 000 Einwohnern in Bremen und Bremerhaven leidet seit Jahren unter einer Haushaltsnotlage und der höchsten Arbeitslosenquote der Bundesländer West. Nur der ständige Länderfinanzausgleich und außerordentliche Sanierungsmilliarden vom Bund halten die Hansestadt – ebenso wie das Saarland – über Wasser. Während Saarbrücken die Sonderbeihilfen überwiegend in die Entschuldung steckt, nutzt Bremen sie vor allem, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das scheint überwiegend vernünftig, und manches hat die Koalition tatsächlich bewegt. Auf dem Gelände der untergegangenen Vulkan-Stammwerft arbeiten in kleineren Betrieben fast wieder so viele Menschen wie einst im Schiffbau. Der „Technologiepark“ rund um die staatliche Uni platzt mit 7000 Beschäftigten bald aus den Nähten. Seit drei Jahren liegt das Bremer Wirtschaftswachstum jedes Mal leicht über dem Bundesschnitt.

Die Arbeitslosen merken allerdings wenig davon. Ihre Quote sinkt kaum. In der Stadt Bremen beträgt sie noch 12,6 Prozent, in Bremerhaven sogar 17,8 Prozent, fast wie in Ostdeutschland. Auch die als Folge der Wirtschaftsförderung erhofften Steuermehreinnahmen bleiben aus. Trotz der insgesamt 8,5 Milliarden Euro Sanierungsbeihilfen, die der Bund seit 1994 und noch bis 2004 überweist, ist der Schuldenberg nicht geschrumpft, sondern um fast eine Milliarde Euro auf rund 9,5 Milliarden gewachsen. Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) räumte kürzlich ein: Das Ziel der Haushaltssanierung ist nicht wie geplant bis 2005 zu schaffen. Bremen bräuchte also weitere Hilfen vom Bund oder eine neue Finanzverteilung, damit nicht länger 40 Prozent der hier anfallenden Einkommenssteuern an die Wohnorte der Umlandpendler abfließen.

Schuld am Misserfolg haben zum Teil die Konjunktureinbrüche der letzten Jahre. Teilweise aber hat die Koalition schlecht gewirtschaftet und aufs falsche Pferd gesetzt. Das neue Musicaltheater, das Touristenmassen anlocken sollte, ging ebenso pleite wie der mit Staatshilfe an die Weser geholte Saftproduzent Dittmeyer.

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