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Politik: Die letzte Schlacht des Hasspredigers

Pakistans Militär will radikale Koranschule stürmen

Berlin - Kommentatoren in Pakistans liberalen Medien hatten es schon länger gefordert: Dass die Regierung vorgeht gegen die Studenten und gegen die zwei Führer der Roten Moschee, einen Hort der Islamisten. Am Mittwochabend schien die Armee dann kurz davor, den Komplex in der Hauptstadt Islamabad zu stürmen. Vorangegangen waren am Dienstag heftige Schießereien, bei denen mehrere Menschen starben. Zeitungen in der Hauptstadt berichteten von bis zu 21 Toten.

Der nun eskalierte Konflikt hatte sich seit Jahresbeginn abgezeichnet. Die Lal Masjid – die Rote Moschee – und deren zwei religiöse Seminare mit mehreren tausend Studentinnen und Studenten sind bekannt für ihre Radikalität. Der oberste Geistliche der Moschee und dessen Bruder, Maulana Abdul Aziz und Mullah Abdul Raschid Ghazi, machen kein Hehl aus ihrer Sympathie für die Taliban. Seit Anfang des Jahres, nachdem für den Straßenbau illegale Moscheen abgerissen worden waren, forderten die Brüder die Staatsgewalt und Präsident Pervez Musharraf offen heraus. Dabei stießen sie kaum auf Gegenwehr. So besetzten schwarz verschleierte und mit Bambusstöcken bewaffnete Studentinnen im März eine öffentliche Bibliothek, entführten Studenten Sicherheitsbeamte und zuletzt mehrere Chinesinnen, denen sie Prostitution vorwarfen. Daraufhin schaltete sich die chinesische Botschaft ein. Manche Beobachter vermuten, dass dies einer der Gründe sein könnte, weshalb Musharraf sich jetzt zum Vorgehen gegen die Islamisten entschloss.

In den vergangenen Tagen hatte sich angedeutet, dass der Präsident einen Schlag gegen die Radikalislamisten plante. Es gab Treffen mit obersten Militärs, wie gegen die Talibanisierung vorzugehen sei; Medienvertretern wurde gesagt, man werde etwas gegen „das Problem“ tun – unter der Voraussetzung, dass das Fernsehen keine Bilder von Leichen zeigen würde. Nachdem am Dienstag offenbar zunächst Studenten die Sicherheitskräfte attackiert hatten, griff das aufmarschierte Militär ein. Seitdem haben sich nach Angaben pakistanischer Medien hunderte Studenten ergeben, denen offenbar Straffreiheit versprochen worden ist. Der oberste Geistliche Maulana Abdul Aziz soll bei dem Versuch gefangen genommen worden sein, mit einer Burka verhüllt zu fliehen.

Die Frage ist aber, weshalb sich Musharraf so lange Zeit gelassen hat, einzugreifen. Beobachter wie Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin geben zu bedenken, dass dem General die Islamisten in der Hauptstadt möglicherweise nicht nur ungelegen kamen – um vielleicht gegenüber westlichen Verbündeten zu demonstrieren, dass er als Bollwerk gegen eine drohende Talibanisierung Pakistans unersetzlich ist. Andererseits wird heftig über eine mögliche baldige Ansprache Musharrafs spekuliert, in der er den weiteren politischen Fahrplan für dieses Jahr und die eigentlich anstehenden Wahlen darlegen könnte. In dem Zusammenhang wiederum hätte er dann Wille zum harten Durchgreifen demonstriert.

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