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Politik: Die SPD-Länder kritisieren das Sparpaket der Bundesregierung - Wolfgang Clement: Reformpolitik darf nicht zu Lasten der Länder und Gemeinden gehen

Die Bundesregierung stößt mit ihren Spar- und Steuerplänen auf Widerstand in den SPD-geführten Bundesländern. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Clement warf Finanzminister Eichel (SPD) am Freitag im Bundesrat vor, auf Kosten von Ländern und Gemeinden zu sparen.

Die Bundesregierung stößt mit ihren Spar- und Steuerplänen auf Widerstand in den SPD-geführten Bundesländern. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Clement warf Finanzminister Eichel (SPD) am Freitag im Bundesrat vor, auf Kosten von Ländern und Gemeinden zu sparen. Clement und der niedersächsische Regierungschef Glogowski sprachen sich zudem gegen Steuern auf Lebensversicherungen aus. In NRW will die SPD am Sonntag bei der zweiten Runde der Kommunalwahl Punkte gutmachen. Nach dem ZDF-Politbarometer sinkt die Zustimmung für die rot-grüne Bundesregierung immer weiter. Dagegen ist die Stimmung für die Unionsparteien so günstig wie noch nie.

Wäre am Sonntag Bundestagswahl, würden nach dem Politbarometer nur noch 34 Prozent der Wähler für die SPD stimmen. Die CDU/CSU läge demnach mit einem Stimmenanteil von 47 Prozent klar vorn, die Grünen kämen ebenso wie FDP und PDS auf fünf Prozent der Stimmen. In der politischen Stimmung erreicht die Union sogar den Rekordwert von 56 Prozent. Bundeskanzler Schröder fiel in der Rangfolge der zehn wichtigsten Politiker nochmals zurück. Beliebtester Politiker bleibt Außenminister Fischer. Trotz der schlechten Stimmung für Rot-Grün steht aber eine Mehrheit der Befragten grundsätzlich zur Sparpolitik der Bundesregierung. 72 Prozent sprachen sich für Eichels 30-Milliarden-Sparpaket aus.

Clement widersprach in der Bundesrats-Sitzung in Bonn der Darstellung Eichels, durch das Sparpaket würden Länder und Gemeinden unter dem Strich nicht belastet. Stattdessen kämen auf Länder und Gemeinden im Jahre 2000 Mehrkosten von 3,2 Milliarden Mark zu, sagte er. Es sei nicht in Ordnung, wenn eine Ebene des Staates zu Lasten einer andere spare. Auch Hamburgs Bürgermeister Runde (SPD) sagte, die "bitter nötige" Reformpolitik dürfe nicht auf Kosten der Länder und Gemeinden gehen. Eichels Rechnung müsse man sich "mit spitzem Rechenstift" nähern. Zum geplanten langsameren Anstieg der Renten in den beiden kommenden Jahren sagte Clement, die Abkoppelung von der Netto-Lohnentwicklung greife zu kurz, nötig sei eine langfristige Reform. Die Unternehmenssteuerreform müsse vor allem die Klein- und Mittelbetriebe entlasten. Er trage das Sparpaket aber "im Prinzip" mit. Das Ziel einer geringeren Neuverschuldung sei richtig. "Dies geht nicht ohne einen tiefen Schnitt." Glogowski schlug zum Thema Lebensversicherung vor, diese Anlageform habe sich bei der Altersvorsorge bewährt, deshalb sollten Lebensversicherungen mit einer Laufzeit von mindestens 20 Jahren von der Steuer befreit werden.

Hessens Ministerpräsident Koch (CDU) forderte die Regierung zu Kompromissen auf. Die geplanten Kürzungen seien "keine Heldentat". Die Vorgängerregierung habe teilweise höhere Kürzungen umgesetzt. Baden-Württembergs Ministerpräsident Teufel (CDU) nannte das Sparpaket eine Initiative "ohne Perspektiven". Die Kommunen, Länder und Sozialversicherungsträger würden mit mehr als einem Drittel der für 2000 avisierten Einsparungen belastet. Dies sei Etikettenschwindel. Bayerns Ministerpräsident Stoiber bezeichnete das Paket als unausgewogen. Eichel werde sich "deutlich bewegen müssen". Einschnitte bei den Ausgaben müssten verbunden sein mit "spürbaren Entlastungen bei den Steuern". Eichel hatte zuvor die Länder zur Mitarbeit an der Haushaltssanierung aufgerufen. Veränderungen am Sparpaket seien möglich, wenn der Gesamtrahmen erhalten bleibe. Neue Staatsschulden seien inakzeptabel.

Zwei Wochen nach ihrem Wahldebakel bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen wollen die Sozialdemokraten bei der Stichwahl um die Bürgermeisterämter in den Großstädten am Sonntag die Scharte auswetzen. Mit Zitterpartien ist vor allem im Ruhrgebiet und dort besonders in Dortmund zu rechnen, wo der CDU-Kandidat vor zwei Wochen vorne lag. Spannend wird es auch in Köln: Dort könnte nach dem Rücktritt des SPD-Kandidaten mit Anne Lütkes erstmals eine Grüne Oberbürgermeisterin einer Großstadt werden.

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