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Politik: Die unbewegten Behörden

Die Kooperation der Verwaltung im Osten kommt nur langsam voran

Von Matthias Schlegel

Das Hochwasser hatte gerade die Spuren der Verwüstung durch ihre Länder gezogen, als die Repräsentanten Sachsens, Thüringens und Sachsen-Anhalts vor fast genau einem Jahr, am 29. August 2002, im Kultur- und Kongresszentrum in Halle die „Initiative Mitteldeutschland“ besiegelten. Sie bemühten sich im Anblick der Katastrophe, Zuversicht zu verbreiten, und sagten ihrer Region eine deutlich stärkere Rolle im Wettbewerb der entwickelten Wirtschaftsgebiete in der Bundesrepublik voraus.

Im Mai dieses Jahres präzisierten die Ministerpräsidenten der drei Länder ihre Vorhaben – speziell zum achten, dem letzten, aber durchaus nicht unwichtigsten Baustein für die Initiative. Er betraf die Verwaltungskooperation, die nicht nur die Zusammenarbeit, sondern auch die Integration von Landesbehörden vorsah. So sollten unter anderem die Ausbildung des Justizvollzugsdienstes, der Strafvollzug für weibliche Gefangene, die Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichte sowie die Landesämter für Mess- und Eichwesen zusammengelegt werden. Doch mit der zeitnahen Umsetzung dieser Kooperation, die sich die Chefs der Staatskanzleien vorgenommen haben, wird es schwierig.

Sachsens Staatskanzleichef Stanislaw Tillich (CDU) räumte dieser Tage in der „Frankfurter Allgemeinen“ ein, dass die geplanten Vorhaben viel länger dauern werden als gedacht. Es gehe nicht um Wochen oder Monate, sondern um Jahre, zitiert die Zeitung Tillich. So seien Gesetzesänderungen nötig, was man bislang nicht vorausgesehen habe. Eine erste Prüfung habe Schwierigkeiten zutage gefördert, die „in Status und Verfahren“ der Behörden und ihrer Angestellten lägen.

Sachsen-Anhalts Staatskanzleichef Rainer Robra (CDU) bestätigt im Gespräch mit dem Tagesspiegel diese Probleme und verweist vor allem auf die Schwierigkeiten bei der Integration der Gerichte. Geplant ist, dass für alle drei Länder nur ein Finanzgericht, ein Arbeitsgericht und ein Sozialgericht zuständig sein sollen, die dann in je einem anderen Land angesiedelt sind. Bislang gibt es sie in dreifacher Ausführung.

Eine Zusammenlegung brächte innerhalb der Verwaltungskooperation den weitaus größten Effekt, gestalte sich aber auch am schwierigsten, räumt Robra ein. „Richter können nicht einfach hin- und hergeschoben werden“, sagte er, und verweist auch auf die ehrenamtlichen Richter, die man „nicht einfach über weite Strecken in ein anderes Bundesland schicken kann“. Doch auch diese Hürden müsse man überwinden. Im Gegensatz zu Tillich sieht Robra etwa bei den Statistischen Landesämtern weniger Probleme. Dort könnten bestimmte Dienstleistungen für den Bund rasch rationalisiert werden.

Experten verfolgen die Bemühungen um Kooperationen mit wohlmeinendem Interesse. Hermann Hill von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer rät dazu, den hohen Aufwand und den weitgesteckten Zeithorizont für geplante Zusammenlegungen von Behörden nicht zu scheuen: „Nur so lassen sich entscheidende Effizienzvorteile erzielen. Sie haben eine einheitliche Führung und brauchen nur eine zentrale Verwaltung“, sagte er dem Tagesspiegel. Auch wenn zunächst unterschiedliches Verwaltungsrecht im Weg stehe, sei das keine unüberwindliche Hürde: „Schließlich haben wir die Einheit des Rechts in Deutschland.“ Und der Magdeburger Staatskanzleichef Robra ist sich sicher: In Mitteldeutschland wird eine eigenständige Verwaltungskultur entwickelt werden.

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