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Die Generation Mitte ist ziemlich zufrieden mit der Lebensqualität in Deutschland.

© dpa

Studie zur Lebensqualität in Deutschland: Die zufriedene Generation Mitte

Hier die Flüchtlingskrise, da die zufriedenen Deutschen. "Zwei Seiten einer Medaille", sagt Renate Köcher und präsentiert die Sorgen der 30- bis 59-Jährigen: zu hohe Steuern.

Von Ronja Ringelstein

Steigende Mieten, soziale Ungleichverteilung sowie der demografische Wandel sind eigentlich Gründe, weshalb man als Deutscher sorgenvoll in die Zukunft blicken könnte. Zumindest sorgenvoller als es anscheinend die Leistungsträger der Gesellschaft, die 30- bis 59-Jährigen, derzeit tun: 91 Prozent der "Generation Mitte" sehen die Lebensqualität in Deutschland als gut oder sogar als sehr gut an. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. durchgeführt hat. Vor dem Hintergrund der Regierungsstrategie "Gut Leben in Deutschland" stand die Lebensqualität und die Wahrnehmung der eigenen Lebensbedingungen dieses Jahr im Mittelpunkt der jährlichen Erhebung. Für die repräsentative Untersuchung befragte das Allensbacher Institut vom 4. bis zum 23. Juni 2015 insgesamt 1020 Männer und Frauen im Alter zwischen 30 und 59 Jahren.

"Die Daten, die ich heute präsentiere wirken fast ein wenig merkwürdig, vor dem Hintergrund der dramatischen Bilder und der Notlage, die wir tagtäglich sehen", sagte die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Renate Köcher, am Mittwoch bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Man könne die nach Deutschland strömenden Menschen aber als die "andere Seite der Medaille" bezeichnen. Deutschland sei heute ein Land das ungeheuer anziehend wirke, weil es eine so hohe Lebensqualität biete.

Gesundheitsversorgung, Meinungsfreiheit und Bildung bringen Lebensqualität

Was eine hohe Lebensqualität überhaupt ausmacht, sollten die Befragten selbst festlegen: 86 Prozent gaben eine gute Gesundheitsversorgung an, über 70 Prozent bewerteten Meinungsfreiheit, ein gutes Bildungssystem und Rechtssicherheit als besonders wichtig für ein gutes Leben. Die Bemessung des Wohlstandes dürfe man nicht nur am Bruttosozialprodukt eines Landes festmachen, meinten die Befragten. Um die Qualität eines Lebens zu beurteilen, sieht die überwiegende Mehrheit der "Generation Mitte" als wichtige Wohlstandsindikatoren auch den Lebensstandard der Bürger im Alter und die Höhe der Arbeitslosigkeit.

Die Deutschen sind auch mit ihrer individuellen Situation zufrieden

Die Studie zeigt, dass die Deutschen auch mit ihrer individuellen Situation ziemlich zufrieden sind. 64 Prozent bewerten ihre Situation als gut, zwölf Prozent als sehr gut. Allerdings ist bei den Ergebnissen auch immer der sozioökonomische Status der Befragten zu beachten. Nicht überraschend: 94 Prozent derer, die ihre individuelle Lebensqualität als gut oder sehr gut einschätzen, kommen aus einem hohen sozioökonomischen Umfeld. Bei denen in der Mittelschicht sind es immerhin noch 80 Prozent. In der niedrigen sozioökonomischen Schicht schätzen noch 48 Prozent ihre Lebensqualität als gut oder sehr gut ein.

Die meisten wünschen sich Steuersenkungen

Positiv beurteilen die Befragten insbesondere das Sozialsystem, die wirtschaftliche Lage und die politische Stabilität. "Gleichzeitig bleibt Deutschland aber auf wichtigen Feldern hinter den Erwartungen der "Generation Mitte" zurück. Das gilt insbesondere für das Bildungssystem, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Chancengerechtigkeit und den sozialen Frieden im Land", so Köcher. Insbesondere von der Bundesregierung und von der Wirtschaft wird noch etwas mehr erwartet, diese könnten nach Ansicht der Befragten am meisten zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen.

Als Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität stuften 71 Prozent der Befragten die Senkung der Steuer- und Abgabenlast als wichtig ein. "Das war allerdings kein besonders dringliches Anliegen der Befragten", sagte Köcher. Die meisten wüssten ja, dass etwa die Verbesserung des Bildungssystems Geld koste. Außerdem sollten die Unterschiede zwischen Arm und Reich verringert und mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan werden. Zudem meinten 51 Prozent, das Bildungssystem solle verbessert werden.

Keine Angst vor der Zukunft, keine Altersvorsorge

Was die Zukunftsplanung angeht, ist die "Generation Mitte" sehr optimistisch. Es gebe ein Gefühl von "Es wird schon irgendwie gut gehen", so Köcher. Dabei kümmerten sich immer weniger der 30- bis 59-Jährigen selbst um die Altersvorsorge. "Über 70 Prozent geben an, ihre finanzielle Zukunft gar nicht zu planen oder bestenfalls grobe Vorstellungen zu haben. Für einen hohen Lebensstandard im Alter ist private Vorsorge aber unverzichtbar", sagte GDV-Präsident Alexander Erdland. Die "Generation Mitte" sehe zwar die Probleme, die durch den demografischen Wandel in Hinblick auf die Altersvorsorge entstehen werden, doch sie sorge trotzdem nicht privat vor. Es gäbe ein wachsendes Vertrauen in den Staat. Doch da würden sie die staatlichen Leistungsfähigkeit überschätzen, sagte Erdland. Während es Deutschland wirtschaftlich immer besser gehe, sei das Interesse, sich mit Finanzthemen zu befassen, in der Bevölkerung gesunken. Doch auch die private Vorsorge sei stark "schichtgebunden", so Köcher. Die obere Schicht tue viel, die Mittelschicht tue weniger, als sie müsse. Der unteren Schicht fehlten meist die Ressourcen für die Altersvorsorge, erklärte Köcher.

Keine "Generation Erben"

Die "Generation Mitte" sei zudem keine "Generation Erben", heißt es in der Studie. Nur 41 Prozent der Befragten rechnen damit, von einer hohen Erbschaft zu profitieren, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten auf sie zukomme. Und von diesen gaben wiederum nur 44 Prozent an, dass die Erbschaft für die finanzielle Absicherung fürs Alter wichtig sein wird. Lediglich jeder zwanzigste der zukünftigen Erben rechnet mit einem Nachlass von mehr als 300.000 Euro. Es werde überwiegend in den oberen sozialen Schichten vererbt, also dort, wo die Lebensqualität sowieso mit am höchsten eingeschätzt wird. Das heißt, dass nur wenige mit einer deutlichen Verbesserung durch eine Erbschaft rechnen.

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