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Stimmabgabe in den Niederlanden. Hier ist das Votum schon lange vorbei.

© dpa/RAMON VAN FLYMEN

Die zweitgrößte Wahl der Welt: Alles, was Sie zur Europa-Abstimmung wissen müssen

Nun sind auch in Deutschland die Wahllokale geöffnet, gesucht wird ein neues Europaparlament. Wann kommen die ersten Ergebnisse? Und wird von der Leyen wieder Kommissionschefin? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Stand:

Seit dem 6. Juni sind Hunderte Millionen Menschen in Europa aufgerufen, ein neues EU-Parlament zu wählen. An vier Tagen wird in der zweitgrößten Wahl der Welt über die Verteilung der 720 Sitze in Straßburg entschieden.

Wie ist der Ablauf der Wahl? Wann kann man mit den ersten Ergebnissen rechnen? Und warum hat man eigentlich nur eine Stimme? Fragen und Antworten zum Ablauf der Europawahl.

Wer wählt?

Die Bürgerinnen und Bürger aller 27 EU-Staaten sind aufgerufen, zu wählen – insgesamt sind das rund 360 Millionen Wahlberechtigte. Zuletzt haben wieder mehr Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Nachdem die Wahlbeteiligung über Jahrzehnte zurückgegangen ist, stieg sie bei der Abstimmung 2019 wieder und lag bei etwas mehr als 50 Prozent.

Freiwillig ist die Stimmabgabe nicht überall: In Belgien, Luxemburg, Griechenland und Zypern gibt es eine gesetzliche Wahlpflicht.

In Deutschland ist die Zahl der Wahlberechtigten durch die Herabsetzung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre so hoch wie nie zuvor. 65 Millionen Menschen dürfen abstimmen, gegenüber 61 Millionen im Jahr 2019. 

Warum wird an vier Tagen gewählt?

Jedes EU-Land hat eigene Traditionen für Tage, an denen gewählt wird. In den Niederlanden, die zuerst abstimmen, finden Wahlen etwa traditionell an Wochentagen statt, meistens an einem Mittwoch. Irland geht üblicherweise freitags ins Wahllokal. Die meisten europäischen Länder stimmen aber, so wie Deutschland, am Sonntag ab.

Warum gibt man bei der Europawahl nur eine Stimme ab?

Die Wahl zum Europäischen Parlament läuft nach dem einfachen Verhältniswahlrecht ab, bei dem in der Regel nur eine Stimme benötigt wird. Das erleichtert für die extrem große Europawahl das Wahlverfahren und die Auszählung.  

Haben die Länder, in denen bereits abgestimmt wurde, schon amtliche Ergebnisse veröffentlicht?

Nein, bis die letzten Wahllokale in allen europäischen Staaten geschlossen sind, dürfen die Ergebnisse aus den bereits abgeschlossenen, nationalen Wahlen zum EU-Parlament nicht veröffentlicht werden.

Damit soll die Beeinflussung der Wählerinnen und Wähler in den Staaten, in denen die Abstimmungen noch laufen, möglichst gering gehalten werden. Wahlprognosen und Hochrechnungen allerdings dürfen veröffentlicht werden. 

Wann schließen die letzten Wahllokale?

Italien bildet das Schlusslicht bei der Abstimmung. Dort können Bürgerinnen und Bürger bis 23 Uhr am Sonntag abstimmen.

Wann kommen die ersten Prognosen und Hochrechnungen für die Wahl in Deutschland?

In Deutschland haben die Wahllokale von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Danach, ab 18 Uhr, wird mit den ersten Prognosen gerechnet. Im Laufe des Wahlabends kommen auch erste Hochrechnungen dazu.

Wann kommen die ersten europaweiten Prognosen, Hochrechnungen und Endergebnisse?

Eine erste europaweite Prognose wird am Sonntag ab 20:15 Uhr erwartet. Weitere Schätzungen und Hochrechnungen sollen nach Schließung der letzten Wahllokale veröffentlicht werden. Die ersten offiziellen Ergebnisse kommen in der Nacht von Sonntag auf Montag. Am Montagmorgen sollen die endgültigen Ergebnisse veröffentlicht werden.

Die Elefantenrunde mit den Parteichefs von CDU, SPD, Grünen, FDP, AfD und BSW überträgt am Wahlabend ntv ab 20:15 Uhr. 

Prognose und Hochrechnung – was ist der Unterschied?

Prognosen kommen von Umfrageinstituten und stammen von Befragungen, die nach der Wahl durchgeführt werden. Sie liegen vor, noch bevor die ersten Stimmen ausgezählt worden sind. Hochrechnungen hingegen basieren auf einem Anteil der real ausgezählten Stimmen und werden daher erst veröffentlicht, wenn mit der Auszählung begonnen wurde. Sie werden im Laufe des Abends immer genauer. 

Deutschland stimmt in diesem Jahr über 96 Sitze im EU-Parlament ab. Waren das nicht mal mehr?

Ja, bei den Europawahlen 1999, 2004 und 2009 etwa kamen jeweils 99 Abgeordnete aus Deutschland. Mit dem Vertrag von Lissabon, der 2013 in Kraft trat, wurden allerdings die Sitze im Europaparlament neu berechnet. Teil dieser Reform war es, die Sitze insgesamt zu begrenzen. Seither ist die Anzahl der deutschen Sitze auf 96 begrenzt.

Gibt es jetzt schon Trends für das Abschneiden der europäischen Parteienfamilien? Wird die konservative Europäische Volkspartei (EVP) wieder zur stärksten Fraktion?

In den meisten europäischen Staaten gilt das öffentliche Interesse eher den Ergebnissen in den jeweiligen EU-Ländern. Dementsprechend gibt es deutlich mehr Umfragen, die sich auf das Abschneiden der Parteien im nationalen Rahmen konzentrieren. Dennoch gibt es auch Umfragen, die sich auf das mögliche Abschneiden der europäischen Parteienfamilien fokussieren.

Laut Umfragen von Euronews und dem European Council on Foreign Relations (ECFR) liegt die EVP erneut vorn. Je nach Umfrage gewinnt oder verliert die Fraktion jedoch einige Sitze. Die Sozialdemokraten stehen nach der Wahl beiden Erhebungen zufolge etwas schwächer da.

Die liberale Renew-Fraktion dürfte demnach einen zweistelligen Wert an Sitzen verlieren. Bei den Grünen könnten es 10 bis 20 Sitze weniger sein. Die rechtspopulistische ID-Fraktion könnte um fast 40 Sitze wachsen. Uneinheitlich wird das Abschneiden der Europäischen Konservativen und Reformer angegeben. In beiden Erhebungen schneiden zudem die Linken etwas besser ab.

Wann wird das Europaparlament über eine neue Kommissionschefin oder einen neuen Kommissionschef abstimmen?

Dafür gibt es noch keinen festen Termin. Nach den Europawahlen nominiert der Europäische Rat, bestehend aus den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten, zunächst einen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Amt des Kommissionschefs. Das Parlament stimmt danach über den Vorschlag ab. Bei der Wahl 2019 vergingen zwischen Abstimmung und zur Bestätigung Ursula von der Leyens als Kommissionschefin etwa zwei Monate.

Wie stehen die Chancen auf eine zweite Amtszeit der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen?

Von der Leyen will erklärtermaßen noch einmal das Amt der Kommissionschefin bekleiden. Ihre Parteienfamilie, die EVP, hat gute Chancen, stärkste Kraft im Parlament zu werden. Das reicht jedoch nicht. Denn sie braucht auch die Unterstützung der 27 Staats- und Regierungschefs, um nominiert zu werden sowie eine Mehrheit im neu gewählten Parlament.

Ihre Chancen bei den Staats- und Regierungschefs dürften nicht schlecht stehen, nachdem sie sich während der Pandemie und dem Überfall Russlands auf die Ukraine als verlässliche Krisenmanagerin bewiesen hat. Auch die SPD-geführte Bundesregierung hat grundsätzlich ihre Unterstützung signalisiert. 

Eine absolute Mehrheit im Parlament wird als Herausforderung jedoch bleiben. Bei der vergangenen Wahl hatte von der Leyen gerade einmal neun Stimmen mehr als notwendig. Und das informelle Bündnis aus EVP, Sozialdemokraten und Liberalen, das damals für sie stimmte, steht aktuellen Umfragen zufolge 2024 deutlich schwächer da.

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