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Diskussion: Verbot für organisierte Sterbehilfe?

Neben der gewerbsmäßigen wollen einige Bundesländer auch die organisierte Sterbehilfe verbieten. Unterdessen kritisiert die Gesundheitsministerin das Vorgehen Roger Kuschs als Propaganda.

Mehrere unionsgeführte Bundesländer wollen neben der gewerbsmäßigen auch die organisierte Sterbehilfe verbieten und unter Strafe stellen. Dazu werden Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, das Saarland und Thüringen am Freitag im Bundesrat einen Gesetzentwurf einbringen. Demnach soll bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe bekommen, wer ein Gewerbe betreibt oder eine Vereinigung gründet, "deren Zweck oder Tätigkeit darauf gerichtet ist, anderen die Gelegenheit zur Selbsttötung zu gewähren oder zu verschaffen". Auch wer als Mitglied oder Außenstehender "geistig oder wirtschaftlich eine maßgebende Rolle spielt", soll bestraft werden können.

Die fünf Länder nehmen einen Gesetzesvorstoß auf, der 2006 schon einmal gescheitert ist. Damals war jedoch nicht ausdrücklich von organisierter, sondern allein von geschäftsmäßiger Hilfe die Rede. Vor dem Hintergrund der Sterbehilfe für eine lebensmüde 79-Jährige durch den früheren Hamburger Justizsenator Roger Kusch gewinnt der Vorstoß neue Bedeutung. Rheinland-Pfalz lehnt den Entwurf ab, auch Nordrhein-Westfalen unterstützt ihn nicht. Bremen hat Bedenken, dagegen äußerte sich Hamburgs schwarz- grüne Regierung zustimmend.

Ethikrat begrüßt den Vorstoß

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bekräftigte ihre Ablehnung von Sterbehilfe, bewertete den Gesetzesvorstoß aber zurückhaltend. "Eine Strafandrohung verhindert letztlich nicht den Wunsch vieler Menschen, aus Angst vor Schmerzen oder dem drohenden Verlust ihrer Würde die Entscheidung über ihr Leben selbst treffen zu wollen", sagte sie. Empört äußerte sie sich über den Fall Kusch: "Was Herr Kusch da getan hat, halte ich für makabere Propaganda."

Der Bayreuther Medizinprofessor Eckhard Nagel, Mitglied des Deutschen Ethikrates, begrüßte den Bundesratsvorstoß. Er sehe eine organisierte Sterbehilfe extrem kritisch, und der Fall Kusch zeige, dass Grenzen hier nicht einhaltbar seien. "Jede Form organisierter Hilfe kann zu unkontrollierbaren Situationen führen", sagte Nagel dem Tagesspiegel. Er befürchte, dass auch Menschen betroffen sein könnten, die gar nicht unheilbar krank seien, sondern eher lebensmüde oder sozial schlecht integriert. Dann stelle sich das Problem der Überprüfbarkeit von deren Vorgehen. Angesichts der bestehenden Möglichkeiten einer individuellen, ärztlichen Sterbebegleitung und auch der großen Unterstützung der Hospizbewegung in der Bevölkerung könne er den Wert organisierter Strukturen nicht erkennen. afk/dpa/AFP

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