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Politik: Doppeltes Spiel

Von Ulrike Scheffer So konspirativ wie an diesem Wochenende in Teheran ist selten eine regionale Partnerschaft begründet worden. Iran, Pakistan und Afghanistan wollen an diesem Samstag und Sonntag in der iranischen Hauptstadt ein Wirtschafts- und Entwicklungsbündnis besiegeln.

Von Ulrike Scheffer

So konspirativ wie an diesem Wochenende in Teheran ist selten eine regionale Partnerschaft begründet worden. Iran, Pakistan und Afghanistan wollen an diesem Samstag und Sonntag in der iranischen Hauptstadt ein Wirtschafts- und Entwicklungsbündnis besiegeln. Wenn nicht auch die Entwicklungsorganisation der Vereinten Nationen, UNDP, mit am Tisch säße, hätte allerdings kaum jemand von dem Ereignis erfahren. Auf Nachfrage veröffentlichte UNDP am Donnerstag eine kurze Erklärung zu der geplanten Vereinbarung. Danach wollen die beteiligten Länder mit dem Ausbau wirtschaftlicher Kontakte vor allem den Wiederaufbau in Afghanistan voranbringen. Die zurückhaltende Öffentlichkeitsarbeit lässt aber vermuten, dass die beteiligten Staaten sich nicht ganz freiwillig, sondern auf internationalen Druck zu der Kooperation entschlossen haben.

In Wahrheit ist es mit der guten Nachbarschaft der Staaten nicht weit her. Zwar haben nach dem Ende der Talibanherrschaft in Afghanistan sowohl Pakistan als auch Iran der neuen Regierung in Kabul Hilfe zugesagt. Hinter den Kulissen jedoch arbeiten beide gegen den Friedensprozess in dem vom Bürgerkrieg verwüsteten Land.

Ohne Rückzugs- und Nachschubbasen in Pakistan etwa könnten sich die Taliban im Osten Afghanistans kaum so lange gegen die USA und deren Alliierte behaupten. Internationale Beobachter gehen deshalb davon aus, dass der pakistanische Geheimdienst weiter Taliban- und Al-Qaida-Truppen unterstützt, obwohl Staatschef Pervez Musharraf sich ausdrücklich zum Anti-Terror-Kampf bekannt hat. Die „Washington Post“ berichtete kürzlich unter Berufung auf US-Regierungs- und Geheimdienstkreise, geflohene Kämpfer beider Gruppen könnten sich in Pakistan mit Wissen der Regierung unbehelligt neu formieren. Die in pakistanischen Koranschulen entstandene Talibanbewegung diente Islamabad von Anfang an dazu, eigene Interessen im Nachbarland durchzusetzen. Das Militär betrachtet Afghanistan als strategischen Rückzugsraum für den Fall eines Krieges mit Indien.

Iran spielt ebenfalls ein doppeltes Spiel. Das schiitische Land war mit den sunnitischen Taliban verfeindet und sagte nach dem Sturz der Gotteskrieger 560 Millionen Dollar für den Wiederaufbau Afghanistans zu - so viel wie kein anderer Staat. Gleichzeitig jedoch finanziert Iran den früheren afghanischen Premier Gulbuddin Hekmatyar. Der unbelehrbare Kriegsherr, der lange in Teheran im Exil lebte, werbe mit iranischem Geld in Afghanistan neue Truppen an, berichten diplomatische Kreise in Kabul. Damit will Iran nicht nur den Einfluss der USA auf den Nachbarn unterhöhlen. Die islamische Republik fürchtet, eine Demokratisierung Afghanistans nach westlichem Vorbild könnte auch in der eigenen Bevölkerung den Ruf nach Reformen lauter werden lassen. Zudem könnten die seit langem geplanten Rohstoff-Pipelines vom Kaspischen zum Arabischen Meer durch Afghanistan und Pakistan verlegt werden und nicht, wie Iran wünscht, durch sein Territorium. Jeder Liter Öl, der durch das Land flösse, brächte Geld in die Staatskasse, und eine Pipeline eignet sich außerdem hervorragend als politisches Druckmittel: Im Ernstfall ließe sich der Ölfluss schließlich unterbrechen. Genau deshalb wollen die USA ihren Intimfeind Iran bei dem Projekt möglichst umgehen.

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