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Politik: Drei Tote bei Protest gegen den König

In Nepal gehen täglich Tausende für Rückkehr zur Demokratie auf die Straße

Zwei Wochen nach Beginn der Proteste gegen die Diktatur des nepalesischen Königs Gyanendra gelang es ihm nur noch mit einem massivem Polizeiaufgebot und offener Gewalt, einen möglichen Marsch auf seinen Palast zu verhindern. Die Polizei schoss auf einen Protestzug mit mehreren tausend Demonstranten, die ins Zentrum der Hauptstadt Kathmandu ziehen wollten. Mindestens drei Menschen wurden getötet. Einige Demonstranten wurden mit Schlagstöcken bewusstlos geprügelt.

Trotz strikter Ausgangssperre versammelten sich nach Angaben des Senders BBC mindestens 100 000 Menschen in den Randbezirken Kathmandus, um gegen die Königsdiktatur zu protestieren. In Sprechchören riefen sie „Nieder mit König Gyanendra“. Offenbar fürchtete der Monarch, dass die aufgebrachten Demonstranten seinen Palast stürmen könnten.

Bereits in der Nacht hatte er eine 18-stündige Ausgangssperre verhängt. Der Polizei befahl er, auf jeden zu schießen, der in den Sicherheitsring ums Zentrum eindringt. An mehreren Stellen versuchten Demonstranten, den Sicherheitsring zu durchbrechen. Die Polizei schlug sie mit Tränengas, Schlagstöcken und Gummigeschossen zurück. Anwohner besprühten Demonstranten mit Wasser, um die Folgen des Tränengases zu mildern, oder nahmen Verletzte und Fliehende in ihren Häusern auf. Von Balkonen und Dächern applaudierten Frauen den Demonstranten, andere schlugen Töpfe und Pfannen gegeneinander.

Dem Monarchen, der vor 14 Monaten die Macht an sich gerissen hatte, scheint die Kontrolle über das Land zu entgleiten. Trotz Polizeigewalt halten die Demonstrationen gegen seine Willkürherrschaft seit mehr als zwei Wochen an. Bereits seit Tagen spielen sich in Kathmandu und anderen Städten straßenkampfähnliche Szenen ab. Mehr als zehn Menschen wurden getötet, hunderte, darunter auch Kinder, verletzt oder festgenommen.

Zu den Protestaktionen hatte eine Allianz von sieben großen Parteien aufgerufen, die eine Rückkehr zur Demokratie fordert und informell auch von den maoistischen Rebellen unterstützt wird. Inzwischen haben sich immer mehr Berufs- und Bevölkerungskreise dem Aufstand angeschlossen. Auch Nepals großer Nachbar Indien hat sich inzwischen in die Krise eingeschaltet. König Gyanendra empfing am Donnerstag den Sondergesandten des indischen Premierministers Manmohan Singh, Karan Singh. Er drängte den König nach Medienberichten dazu, zur Demokratie zurückzukehren und so eine weitere Eskalation zu verhindern. Nach dem Gespräch zeigte sich Singh hoffnungsvoll.

Der selbstherrliche Monarch hat offenbar den Unmut völlig unterschätzt. Die nepalesische Zeitung „Kantipur“ vergleicht ihn bereits mit Nero. Statt den „Schrei seines Volkes“ ernst zu nehmen, habe der König die ersten Tage der Proteste am Badesee des Touristenortes Pokhara relaxt: „Wir wissen, fast zweitausend Jahre zuvor fiedelte Nero, während Rom brannte.“

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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