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Politik: Drogenbericht 2000: Suff ist schick

Die so genannte "Spaßkultur" von Jugendlichen setzt junge Menschen in Deutschland unter enormen Leistungsdruck. Unter der Woche müssen sie Höchstleistungen in der Schule oder im Beruf bringen.

Die so genannte "Spaßkultur" von Jugendlichen setzt junge Menschen in Deutschland unter enormen Leistungsdruck. Unter der Woche müssen sie Höchstleistungen in der Schule oder im Beruf bringen. Am Wochenende wird von ihnen erwartet, auf Parties immer "cool, fit und gut drauf" zu sein.

Ein Ergebnis dieses Drucks: "Rauschtrinken ist ein verbreiteter neuer Trend bei Kindern und Jugendlichen", stellte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), fest, als sie am Donnerstag in Berlin den Sucht- und Drogenbericht 2000 der Bundesregierung vorstellte. Wer "gut drauf" sein muss, versucht eben zum Teil auch, sich mit Hilfe von Alkohol, Ecstasy, Cannabis und Kokain in Stimmung zu bringen. "Es geht um das gezielte Sich-Zumachen am Wochenende", meinte Caspers-Merk. Die Drogenbeauftragte beklagte, dass es bei den Jugendlichen kein Risikobewusstsein für die Gefahren des Drogenmissbrauchs gebe.

Junge Mädchen greifen zur Zigarette

Die SPD-Politikerin, die seit Januar Drogenbeauftragte der Regierung ist, will die Drogenpolitik darum stärker auf Kinder und Jugendliche ausrichten. Neue Präventionsprojekte sollen ihnen helfen, "Wut, Trauer und Misserfolge auch ohne den Griff zur Flasche, Pille oder sonstige Drogen auszuhalten". 27 Prozent der Jugendlichen haben dem Bericht zufolge Erfahrungen mit illegalen Drogen, die meisten von ihnen mit Haschisch und Marihuana. Neben diesem Konsum von Cannabis sind die Erfahrungen mit Drogen wie Ecstasy (vier Prozent), Kokain (zwei Prozent) oder Heroin (0,5 Prozent) dagegen wesentlich geringer. 30 Prozent aller 12- bis 25-Jährigen trinken allerdings regelmäßig Alkohol, ein Viertel sind ständige Raucher. Vor allem die jungen Mädchen greifen immer häufiger zur Zigarette. Grafik: Drogentote - Entwicklung von 1990 bis 2000 Besorgnis erregend ist die Feststellung im Drogenbericht, dass es für Jugendliche immer leichter wird, sich illegale Drogen zu beschaffen. 1993 meinten 40 Prozent, ihnen seien schon einmal Drogen angeboten worden. Im vergangenen Jahr waren es 49 Prozent. 1993 konnten in Ostdeutschland 17 Prozent von einem Drogenangebot berichten, jetzt sind es 43 Prozent. Drogen sind unter Jugendlichen in den neuen Ländern mittlerweile nahezu genauso weit verbreitet wie unter den Jugendlichen im Westen.

Ein besonderes Augenmerk richtet der Drogenbericht 2000 auf den Medikamentenmissbrauch. Caspers-Merk berichtete von Umfragen, nach denen 60 Prozent der Eltern ihre Bereitschaft erklärten, ihren Kindern Medikamente zur Leistungssteigerung in der Schule zu geben. Unter den Erwachsenen gaben 17 Prozent der Frauen und zwölf Prozent der Männer an, im letzten Monat Medikamente mit psychoaktiver Wirkung geschluckt zu haben. Bisher sei über den riskanten Umgang mit Medikamenten noch zu wenig bekannt. "Es ist aber davon auszugehen, dass in vielen Familien das Pillen-Schlucken zur Befindlichkeitsbeeinflussung gängige Alltagspraxis ist." Deswegen sei es notwendig, in dieses Dunkelfeld ein wenig mehr Licht zu bekommen.

Häufiger Cannabis-Konsum

Cannabis ist nach wie vor die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland. Jeder Dritte der 18- bis 24-Jährigen hat damit Erfahrungen gemacht. Erfahrung mit Opiaten wie Heroin, Methadon, Opium und Morphium haben dagegen nur 0,9 Prozent der Bevölkerung. Opiatkonsum verursacht aber nach wie vor die meisten gesundheitlichen und sozialen Probleme. An den Folgen ihres Rauschgiftkonsums starben im vergangenen Jahr 2023 Menschen. Das sind 11,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Todesfälle durch Alkoholmissbrauch bezifferte Caspers-Merk auf rund 40 000, die Todesfälle durch Tabakkonsum auf rund 100 000. Auch wenn der Konsum von Alkohol und Tabak langsam zurückgehe, werde immer noch zu viel geraucht und getrunken, erklärte Caspers-Merk, "insbesondere, wenn die hohen gesundheitlichen und sozialen Kosten in Rechnung gestellt werden".

Carsten Germis

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