zum Hauptinhalt

Durchsuchungsaktion: Schily gerät unter Druck

Bundesinnenminister Otto Schily gerät wegen der umstrittenen Durchsuchungsaktion gegen die Zeitschrift "Cicero" zunehmend unter Druck. Journalistenverbände, die CDU/CSU- Bundestagsfraktion und die Grünen verlangen eine lückenlose Aufklärung des Falls.

Berlin - Am kommenden Donnerstag muss sich Schily in einer nicht öffentlichen Sondersitzung des Bundestagsinnenausschusses den Fragen der Abgeordneten stellen.

Das von Schily verteidigte Vorgehen der Polizei sei «ein ernst zu nehmender Eingriff in die Pressefreiheit», kritisierten die Unions- Innenexperten Hartmut Koschyk (CSU) und Reinhard Grindel (CDU) am Donnerstag. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach von einem «Angriff auf das, was unser Land, unsere Demokratie stark macht».

Auch die Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), kritisierte Schily. Sie habe Zweifel, ob «die Verhältnismäßigkeit der Mittel» gewahrt worden sei, sagte Sonntag- Wolgast der «Frankfurter Rundschau» (Freitag). Dass Schily die Razzia mit Attacken gegen die Wahlberichterstattung der Medien verbunden hatte, nannte dessen Ex-Staatssekretärin «befremdlich». Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, hatte den FDP-Antrag auf eine Sondersitzung des Innenausschusses ebenfalls unterstützt.

Das Bundeskriminalamt (BKA) erwirkte unterdessen eine einstweilige Verfügung gegen einen Bericht von «Focus» und «Focus-Online». Das Magazin habe fälschlicherweise behauptet, das Bundeskriminalamt habe zur internen Ermittlung des Falls manipulierte Terrorismusakten in Umlauf gebracht, teilte das BKA mit. Diese falsche Behauptung sei «Focus» jetzt vom Landgericht Hamburg untersagt worden. Der Sprecher des Nachrichtenmagazins erklärte, «Focus» bleibe bei seiner Darstellung und werde gegen die einstweilige Verfügung vorgehen.

Die Polizei hatte vor einigen Wochen Redaktionsräume des Potsdamer Magazins «Cicero» und die Wohnung eines Redakteurs durchsucht. Hintergrund waren Ermittlungen wegen möglichen Geheimnisverrats. Ein «Cicero»-Redakteur hatte in einem Artikel über den jordanischen Terroristenführer Abu Mussab al-Sarkawi aus geheimen Unterlagen des Bundeskriminalamts zitiert.

Nach der harschen Kritik Schilys an den Medien forderte Hamburgs Justizsenator Roger Kusch (CDU) dessen Ablösung. «Wir brauchen dringend einen neuen Bundesinnenminister», sagte Kusch dem «Hamburger Abendblatt». Er bezog sich auf eine Rede Schilys beim Jahrestreffen der Zeitungsverleger in der Vorwoche, in der dieser mit dem Journalismus in Deutschland hart ins Gericht gegangen war.

Auch der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Michael Konken, hatte erklärt, Schily sollte «ernsthaft darüber nachdenken, ob er der neuen Bundesregierung angehören will». Die zur Gewerkschaft ver.di gehörende Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) forderte eine sofortige Rückgabe der bei der Razzia beschlagnahmten Unterlagen. (tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false