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Ecuador: Chancen für eine neue Verfassung

Präsident Rafael Correa kann mit einem klaren "Ja" zu der von ihm angestrebten verfassunggebenden Versammlung rechnen.Das Projekt "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" wird gestärkt.

Quito - Laut der Nachwahlbefragungen (exit polls) im Anschluss an die Schließung der Wahllokale am Sonntagabend stimmten gut 78 Prozent für die Einberufung der Verfassungsversammlung, wie das private Umfrageinstitut Cedatos-Gallup mitteilte. Offen blieb zunächst die Wahlbeteiligung. Laut Cedatos-Gallup votierten 11,5 Prozent gegen die Einberufung der Versammlung, die eine neue Verfassung für Ecuador ausarbeiten soll. Fast 10,5 Prozent wählten demnach ungültig oder gaben leere Stimmzettel ab. Die Fehlerquote gab das Institut mit zwei Prozent an. Nach Angaben des Obersten Wahlgerichts (TSE) ist mit dem amtlichen Ergebnis des Referendums erst in einer Woche zu rechnen.

Correas Anhänger und die Unterstützer einer verfassunggebenden Versammlung feierten in den Straßen. Der frühere Wirtschaftsminister Correa amtiert erst seit drei Monaten als Staatschef. Er hat grundlegende demokratische Reformen sowie eine Beendigung des neoliberalen Wirtschafssystems angekündigt. In einer langen Rede in der Stadt Guayaquil im Südwesten des Andenlandes bezeichnete er die Zustimmung zur verfassunggebenden Versammlung als Sieg für Ecuador. An die Adresse seiner Gegner auf der Rechten, die ihm vorwerfen, eine "Diktatur wie in Venezuela" errichten zu wollen, sagte er, jetzt werde es "mehr Demokratie" geben. Ecuador werde sich niemals ein "fremdes Modell aufzwingen lassen".

Correa wird von seiner Anhängern gefeiert

Correa kündigte zugleich die Ausweisung des Weltbank-Vertreters aus Ecuador wegen "Erpressung" an, ohne ihn namentlich zu nennen. 2005, als er unter Präsident Alfredo Palacio Wirtschaftsminister war, habe der Repräsentant der Weltbank in Quito einen bereits zugesagten Kredit in Höhe von 100 Millionen Dollar ohne Erklärungen zurückgehalten, sagte Correa. Die Ermittlungen in dieser Angelegenheit, die mit Maßnamen im Erdölsektor zusammenhingen, gingen weiter. "Wir lassen uns von niemandem erpressen", fügte Correa hinzu. Bereits am Samstag hatte Correa der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID) vorgeworfen, mit Unterstützung der USA auf dem Rücken der Beschäftigten Privatisierungen in Ecuador vorangetrieben zu haben. Bei dem derzeitigen Repräsentanten der Weltbank in Ecuador handelt es sich um Eduardo Somensatto. Ecuador ist Südamerikas fünftgrößter Erdölproduzent. Die Erdölindistrie erwirtschaftet ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts und einen Großteil der Deviseneinnahmen des Landes.

Venezuelas linksnationalistischer Präsident Hugo Chávez gratulierte Correa. So schreite Lateinamerika voran, "von Sieg zu Sieg, von Triumph zu Triumph", sagte Chávez bei der Einweihung einer Lateinmamerikanischen Schule für Medizin in Caracas im Beisein des linksgerichteten bolivianischen Präsidenten Evo Morales. Rund 9,2 Millionen Stimmberechtigte waren zu dem Referendum aufgerufen. Sollte sich die erforderliche Mehrheit für die Einberufung der verfassunggebenden Versammlung bestätigen, sollen die Ecuadorianer zwischen Oktober und November deren 130 Mitglieder wählen. Diese sollen die neue Verfassung ausarbeiten, über die dann in einem weiteren Volksentscheid 2008 abgestimmt werden soll. Laut Correa geht es in Ecuador nach elf Jahren der Instabilität mit acht Präsidenten, von denen drei nach Revolten gehen mussten, um einen politischen Neuanfang, um das Ende der "korrupten Parteienmafia" und der "Politisierung von Gerichten und Justiz". (tso/AFP)

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