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Politik: Ehemaliger SED-Funktionär Häber weist Vorwürfe zurück: Ich wollte die Mauer durchlässig machen

Im letzten Prozess gegen frühere Mitglieder des SED-Politbüros hat Herbert Häber jegliche Verantwortung für die Todesschüsse an der Mauer zurückgewiesen. Er habe in seiner Zeit als SED-Funktionär vielmehr sein möglichstes getan, "um Vernunft, Humanität und Freizügigkeit zu befördern", sagte Häber in seiner einstündigen Erklärung vor dem Berliner Landgericht.

Von David Ensikat

Im letzten Prozess gegen frühere Mitglieder des SED-Politbüros hat Herbert Häber jegliche Verantwortung für die Todesschüsse an der Mauer zurückgewiesen. Er habe in seiner Zeit als SED-Funktionär vielmehr sein möglichstes getan, "um Vernunft, Humanität und Freizügigkeit zu befördern", sagte Häber in seiner einstündigen Erklärung vor dem Berliner Landgericht.

Zuvor hatte der Vorsitzende Richter die Prozess-Anträge der Mitangeklagten Siegfried Lorenz und Hans-Joachim Böhme auf Einstellung oder Aufschub des Verfahrens zurückgewiesen.

Herbert Häber sagte zu Beginn seiner Ausführungen: "Ich kann in diesem Verfahren nur mich selbst verteidigen, nicht das Politbüro der SED." Er war seit Mai 1984 Mitglied des Politbüros und wurde im Herbst 1985 wieder ausgeschlossen.

Häber stellte sich als einen Politiker dar, der in den 80er Jahren unablässig seine engen Kontakte zu westdeutschen Politikern genutzt habe, um die Grenze durchlässiger zu machen. Dazu habe er seit 1982 in geheimen Gesprächen mit Westpolitikern ein Verhandlungsprojekt vorbereitet. "Es hatte zum Ziel, den Kreditbedarf der DDR zu nutzen, um verbindliche Vereinbarungen über Reiseerleichterungen und andere Schritte der Freizügigkeit zu erreichen. Die Überlegungen reichten bis zur völligen Freigabe des Reiseverkehrs und die Beendigung aller diesbezüglichen Grenzsperren", sagte Häber. Das Projekt sei nicht nur an den sowjetischen Widerständen gegen eine Lockerung des Grenzregimes gescheitert. Es habe auch parallel laufende deutsch-deutsche Gespräche gegeben, deren Protagonisten Häbers Versuche als "Illusion" abtaten. Dazu hätten Alexander Schalck-Golodkowski, Erich Mielke und Franz-Josef Strauß gehört.

Dass Herbert Häber nach kurzer Mitgliedschaft wieder aus dem Politbüro flog, habe vor allem an seiner aktiven Westpolitik gelegen. Um seine Ausführungen zu belegen hätten sich sowohl Stasi-Offiziere als auch West-Politiker - darunter Oskar Lafontaine und Walther Leisler-Kiep - bereit erklärt, als Zeugen aufzutreten. Der Richter kündigte an, Häbers Angaben zu prüfen.

Siegfried Lorenz und Hans-Joachim Böhme wiesen die Vorwürfe der Anklage, sie seien durch Unterlassung zu "Totschlägern" geworden, zurück und kündigten an, im Prozess keinerlei Auskünfte mehr zu geben. Am kommenden Dienstag wird die Verhandlung fortgesetzt.

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