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Politik: Eichel: Wir brechen EU-Pakt auch 2004

Dritter Verstoß gegen Stabilitätskriterien in Folge / Clement wirbt um Mithilfe der Union für den Aufschwung

Berlin (asi/fw/dpa). Die Bundesrepublik steckt in der größten Finanzkrise ihrer Geschichte und wird daraus auch im nächsten Jahr nicht herauskommen. Mit 43,4 Milliarden Euro muss Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) in diesem Jahr mehr neue Kredite aufnehmen als je zuvor. „Auch 2004 werden wir die DreiProzent-Grenze des Stabilitätspaktes der EU nicht einhalten“, sagte Eichel am Donnerstag. Neben Eichel rief auch Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) die Opposition auf, die Reformgesetze der Regierung nicht zu blockieren. „Ohne Reformen wird es keinen Aufschwung geben“, sagte Clement.

Wie erwartet senkte Clement die Prognose für das Wachstum in diesem Jahr von bisher plus 0,75 Prozent auf Null. Das bedeutet das dritte Jahr Stagnation in Folge. Für 2004 gehe er von einem Wachstum zwischen 1,5 und 2,0 Prozent aus, sagte er. „Den Tiefpunkt haben wir in diesem Sommer durchschritten.“

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt werde sich aber nur mit Verzögerung entspannen, die Zahl der Arbeitslosen bis Mitte 2004 steigen. Danach hoffe er auf eine Trendwende, sagte Clement. Dafür allerdings müssten die vom Bundestag verabschiedeten Reformen im nächsten Jahr auch in Kraft treten können. Es sei „außerordentlich wichtig“, appellierte Clement an die Union , „dass alle ihre Verantwortlichkeiten erkennen“. Eine Blockadehaltung im Bundesrat werde die Reformfähigkeit des Landes in Frage stellen und „die Wachstumsperspektiven spürbar beeinträchtigen“.

Durch die verringerte Wachstumsschätzung für 2004 rechnet Eichel mit zusätzlichen Steuermindereinnahmen von sechs Milliarden Euro. Die Finanzlöcher sollen vor allem durch Privatisierungen gestopft werden. Neben dem Parken von Telekom- und Post-Aktien bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau gebe es noch eine Fülle von Beteiligungen, „die wir so schnell wie möglich loswerden wollen“, sagte Eichel. Er sprach sich erneut gegen eine Anhebung der Mehrwertsteuer zur Haushaltskonsolidierung aus.

Wie Clement rief auch Eichel die Bundesländer auf, sich im Vermittlungsausschuss den Sparanstrengungen des Bundes nicht zu widersetzen. Verfassungswidrige Haushalte werde er 2004 weder beim Bund noch in den Ländern akzeptieren. Allein das Vorziehen der Steuerreform rechtfertige es, in den Haushalten Schulden zu machen, die größer als die Investitionsbudgets sind.

Ein Sprecher von EU-Währungskommissar Pedro Solbes sagte, die Brüsseler Kommission erkenne die Reformanstrengungen Deutschlands an, die Auswirkungen auf den Haushalt seien allerdings noch unklar. Grundsätzlich gelte jedoch, alle Haushaltssünder in der EU würden gleich behandelt. Die Kommission hatte vor kurzem Frankreichs überhöhtes Defizit gegen strenge Sparauflagen hingenommen.

Die Union warf der Regierung am Donnerstag vor, „den finanzpolitischen Handlungsspielraum total verloren zu haben“. Sie sieht im Haushalt 2004 Risiken von etwa 20 Milliarden Euro. CSU-Chef Edmund Stoiber sagte: „Wir übernehmen keine Verantwortung für den unseriösesten Haushalt, den es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland je gegeben hat.“

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