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Politik: Ein bisschen Bewerbung

Kann David Miliband Gordon Brown überholen und Labour-Chef werden?

Von Markus Hesselmann

Noch wird David Miliband misstrauisch, wenn ihn jemand vorstellt als „Mann, der nicht mehr vorgestellt werden muss“. Dann erzählt der britische Umweltminister die Anekdote, wie er diese Worte bei einem Termin in einer Schule zu hören bekam. Ein Junge fragte daraufhin: „Ist er der Elektriker, der unsere kaputten Kabel repariert?“ Zuletzt glänzte Miliband mit dieser kleinen Geschichte bei einem Vortrag an der Universität Cambridge. Das vollbesetzte Audimax der juristischen Fakultät hatte er damit gleich auf seiner Seite.

Der smarte 41-Jährige ist der neue Star im Kabinett von Premierminister Tony Blair. Miliband wirkt genauso frisch und unverbraucht wie Tony Blair vor zehn Jahren. Der eine oder andere Dissident in der Labour-Partei möchte Miliband sogar schon als Blairs direkten Nachfolger sehen – anstelle von Schatzkanzler Gordon Brown, der im Laufe des Jahres die Regierungsgeschäfte übernehmen soll. „The knives are out for Gordon“, die Messer gegen Brown werden gewetzt, hat die Wochenzeitung „Observer“ in ihrer jüngsten Ausgabe über einen doppelseitigen Artikel geschrieben.

Der Unwille in der Partei über die handstreichartige Machtübergabe an den Schatzkanzler und die fehlende Diskussion über die künftige Politik nimmt zu. Die früheren Minister Charles Clarke und Alan Milburn gelten als Anführer der Kritiker. Um ihnen ein Forum zu verschaffen, gingen die beiden jetzt mit der Website „the2020vision“ ins Internet. „Wir wollen nicht darauf warten, was denn Gordon wohl so macht, wenn er im Amt ist. Wir wollen jetzt eine Richtungsdebatte“, sagt Gisela Stuart, Labour-Abgeordnete aus Birmingham. „Wir sind keine Partei, in der die künftige Politik in Steintafeln gemeißelt vom Berg herabgereicht wird.“ Es sei kein Zeichen von Illoyalität gegenüber Brown, wenn man mehr Offenheit fordere. Ein anderer Labour-Abgeordneter, Frank Field, ging bereits einen Schritt weiter. „Tritt vor, David Miliband“, forderte er in einem Beitrag für den „Guardian“. Labour solle eine Generation überspringen und den 41-Jährigen gleich zum Chef befördern.

Doch Miliband ziert sich. „Nein danke, ich bin dort sehr glücklich, wo ich jetzt bin“, sagte er auf eine entsprechende Frage in Cambridge. Er wisse, dass Politiker, die zu schnell aufsteigen, umso schneller wieder fallen, schreibt der „Observer“. Miliband wisse außerdem, dass er dereinst ohnehin der Nachfolger von Blairs jetzigem Kronprinzen Gordon Brown sei.

Alle Möglichkeiten, sich weiter zu profilieren, hat Miliband ohnedies. Das Umweltministerium, in Großbritannien bis vor kurzem noch ein Orchideenressort, ist durch das schlagartig gestiegene Umweltbewusstsein der Briten mittlerweile stark aufgewertet worden. „Umweltfragen werden jetzt auf der Ebene der Regierungschefs diskutiert“, sagte Miliband bei seinem Vortrag in Cambridge.

Es klang ein bisschen wie eine Bewerbung für den wichtigsten aller politischen Jobs.

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