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Politik: Ein Dampfer für Kim Il Sung

Hans Modrow lässt sich als Staatsmann feiern

Von Matthias Meisner

Berlin - Über ihm an der Wand hängt eine Fotodokumentation zur Geschichte des Palasts der Republik, links von ihm auf dem Sideboard stehen Lenins gesammelte Werke – so ist das, wenn Hans Modrow sein neues Buch ausgerechnet im Bürgerbüro von Sahra Wagenknecht präsentiert, der Wortführerin der Kommunistischen Plattform in der Linkspartei. Der vorletzte DDR-Ministerpräsident und langjährige PDS-Ehrenvorsitzende, der sich selbst gern als Wortführer der Basis sah, gehört schon eine Weile nicht mehr zur Mitte seiner Partei, sondern zum Rand. Im Januar wird er 80. Mit dem Titel „In historischer Mission – als deutscher Politiker unterwegs“ klopft er sich selbst noch einmal auf die Schulter, bevor er dann vielleicht doch – manche Genossen meinen: endlich – in den politischen Ruhestand geht.

Ein paar Dutzend vornehmlich ältere Anhänger sind zu der Buchvorstellung am Dienstagabend nach Berlin-Friedrichshain gekommen. Sie klatschen, als Verleger Frank Schumann sagt, dass doch eigentlich „Erinnerungen eines Staatsmanns“ auf dem Titel hätte stehen sollen. Modrow habe es aber eine Nummer kleiner gewollt. So ganz bescheiden kommt das Buch dann aber doch nicht daher. Schon im Klappentext ist von dem Funktionär von FDJ und SED die Rede, der auf seine Weise „Brücken zwischen den Völkern“ gebaut habe. Modrow beschreibt sich selbst als Weltbürger im Auftrag einer guten Sache – ob es nun darum ging, dass polnische Bürger Schuhe in Ost-Berlin aufkauften, Nordkoreas Diktator Kim Il Sung, begeistert nach einem Besuch beim damaligen Dresdner SED-Chef, die Elbdampfer nachbauen lassen wollte oder in Japan nachdrücklich für diplomatische Beziehungen mit der DDR warb. Nichts als Einsatz auch nach der Wende: Als die KP Vietnams zur PDS nach Bonn kam, schickte Gregor Gysi Modrow vor. Modrow war bei Fidel Castro in Havanna, beim kommunistischen Präsidenten der Republik Moldau. Und immer wieder auch in Russland – „ein Jahrhundertproblem“ überschreibt er das Kapitel zu den Beziehungen mit Moskau.

Was Modrow seiner Partei noch zu sagen hat? Ehrenvorsitzender sollte er nach dem Zusammenschluss von PDS und WASG nicht mehr sein, wohl aber hat ihn die Führung erst vor ein paar Wochen beauftragt, einen neuen Ältestenrat der Linkspartei ins Leben zu rufen. Im Schlusskapitel seines Buches rügt er „das ehemalige SED-Mitglied“ Petra Pau, das sich „mit rotem Haarschopf und zornbebender Stimme“ über die Verbrechen des Kommunismus entrüste. „Lächerlich“, schilt Modrow. „Wer die Vergangenheit so maßlos verteufelt, fürchtet um seine Zukunft.“ Ganz verarbeitet hat Modrow nicht, dass sein Wort in der Partei inzwischen weniger gefragt ist. 14-mal war er in Japan, berichtet er den Zuhörern in Wagenknechts Wahllokal, immer sei er empfangen worden als Ministerpräsident a. D. „Dort herrscht ein bisschen mehr Moral.“Matthias Meisner

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