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Politik: Ein Wunder für den Vatikan

Der Papst spricht den Gründer des umstrittenen Opus Dei heilig

Von Ralph Schulze, Madrid

Am heutigen Sonntag feiert die umstrittene religiöse Organisation Opus Dei den größten Erfolg ihrer Geschichte: Papst Johannes Paul II. wird den Gründer des „Werkes Gottes“, den spanischen Priester Josemaria Escriva (1902-1975), heilig sprechen. Dass Opus Dei das 100. Geburtsjahr seines Vordenkers mit dessen Heiligsprechung krönen kann, hat die als erzkonservativ geltende Religionsgemeinschaft einem Landarzt aus Spaniens Provinz zu verdanken: Der pensionierte Mediziner Manuel Nevado, der als junger Mann bereits mit den Ultrareligiösen in Berührung kam, verkörpert das Wunder, das dem Vatikan für die höchste Ehrung des Opus-Dei-Führers noch fehlte.

„Einige glauben es“, sagt Nevado, „ andere vielleicht nicht.“ Der 70-jährige Katholik, der die meiste Zeit seines Lebens in einem kleinen Landhospital in der südspanischen Kleinstadt Almendralejo (Extremadura) als Chirurg arbeitete, ist überzeugt, mit seiner wundersamen Heilung dem sicheren Tod entgangen zu sein. „Es ist so ungewöhnlich, was mit meinen Händen geschah, dass ich manchmal das Gefühl habe zu träumen.“ Eine Heilung, die er Ende 1992 der tagelangen Anbetung des kurz zuvor vom Papst selig gesprochenen Opus-Dei-Chefs verdanke – seine Fürbitten seien erhört worden. Der Hautkrebs „mit ungünstiger Prognose“, offenbar durch ständigen Umgang mit Röntgenapparaten verursacht, sei nach zwei Wochen Zwiesprache mit einem Heiligenbildchen Escrivas plötzlich verschwunden. „Ich war geheilt“, sagt Nevado.

Opus Dei hatte damit das Wunder, nach dem man lange gesucht hatte, um den Papst – erklärter Freund dieses Christianisierungs-Werkes – und diverse Kommissionen des Vatikans in Rekordtempo von übernatürlichen Kräften Escrivas zu überzeugen. Merkwürdig ist, dass nicht einmal Nevados Freunde und Kollegen sich an eine schwere Krebserkrankung erinnern. Sie bescheinigen dem Landarzt eine „gute Gesundheit“ und berichten von einer chronischen Hautentzündung an den Händen. „Nur meine Frau und ich wussten es“, sagt Nevado.

Spanien gilt als Hochburg dieses „Werkes Gottes“, das weltweit 85 000 Mitglieder hat, davon rund ein Drittel auf iberischem Territorium. In der konservativen spanischen Regierung und auf Spitzenpositionen des Staates finden sich nicht wenige Abgesandte des Opus, etwa Verteidigungsminister Federico Trillo oder Generalstaatsanwalt Jesus Cardenal. Die religiös-fundamentalistische Organisation betreibt zudem in Spanien viele Schulen mit staatlichen Geldern – erzogen wurden dort auch die Kinder von Regierungschef José Maria Aznar. Nun melden sich ehemalige Mitglieder kritisch zu Wort. So zum Beispiel Isabel de Armas, die in einem Buch über ihre Opus-Zeit schreibt: „Opus Dei ist eine Sekte, welche die Geschichte und das Bewusstsein seiner Mitglieder manipuliert.“

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