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Politik: Eine deutsche Mission

Berlin gehört zu den schärfsten Kritikern der Regierung in Sudan – setzt aber auf eine politische Lösung

Berlin - Dass Sudans Regierung gerade den britischen und den deutschen Botschafter in Khartum einbestellte, hat einen Grund: Mit den Sanktionsdrohungen der EU vom Montag ist der internationale Druck nochmal gestiegen. Großbritanniens Generalstabschef hatte sogar gesagt, sein Land könnte bis zu 5000 Soldaten für einen UN-Einsatz in Darfur bereitstellen. Deutschland will zwar keine Bundeswehrsoldaten ins Krisengebiet abkommandieren, gehört aber zu den schärfsten Kritikern Khartums.

Die Regierung dort unternimmt seit über einem Jahr nichts gegen die arabischen Dschandschawid-Reitermilizen, die in Darfur die schwarzafrikanische Bevölkerung verfolgen und ganze Dörfer verwüsten. Trotz der Zusage an UN-Generalsekretär Kofi Annan von Anfang Juli, die Milizen zu entwaffnen, spricht viel dafür, dass Khartum deren Angriffe sogar weiter unterstützt. Über eine Million Menschen sind deshalb in dem Gebiet von der Größe Frankreichs auf der Flucht, nach UN-Schätzungen sind bis zu 50 000 Menschen gestorben.

Berlin hat sich schon früh mit der Krise befasst: Schon im Mai 2003 wandte sich Außenminister Joschka Fischer (Grüne) wegen der Lage in Darfur an seinen sudanesischen Amtskollegen. Nachdem im vergangenen Jahr der Irak andere Krisengebiete verdrängt hatte, brachte Deutschland das Thema Sudan im April 2004 wieder auf die Agenda des Weltsicherheitsrats – wofür dem deutschen UN-Botschafter Gunter Pleuger in Diplomatenkreisen große Anerkennung gezollt wird. Anfang Mai reiste die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller (Grüne), in ein Flüchtlingslager im Tschad an der Grenze zu Sudan, kurz darauf besuchte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Christa Nickels (Grüne), das Land selbst. Sudans Außenminister Mustafa Osman Ismail kritisierte: „Beim Thema Darfur ist Deutschland eines der unbeugsamsten Länder.“ Tatsächlich fand nach Besuchen von US-Außenminister Colin Powell und Kofi Annan Außenminister Fischer Mitte Juli in Khartum die deutlichsten Worte gegenüber der Regierung. Er drohte mit Sanktionen, falls sich das Flüchtlingselend in Darfur nicht rasch ändern sollte.

Am Dienstagabend wollten die USA einen überarbeiteten Resolutionsentwurf in den UN-Sicherheitsrat einbringen. Dieser enthält ein sofortiges Waffenembargo gegen Milizen in Darfur – was aus deutscher Sicht eigentlich nicht weit genug geht. Denn: Sanktionen gegen Sudans Regierung sind erst geplant, wenn diese nicht binnen eines Monats die marodierenden Milizen entwaffnet und die Verantwortlichen der Justiz übergibt. Fischer hatte nach dem Treffen der EU-Außenminister von einem „Zeitraum von Tagen“ gesprochen. Jedoch stellt sich im Sicherheitsrat die Frage der Durchsetzbarkeit. So hat beispielsweise China, ständiges Mitglied und damit Vetomacht, Bedenken gegenüber einer Resolution angemeldet, die mit Sanktionen droht.

UN-Botschafter Pleuger unterstrich dennoch am Dienstag die deutsche Haltung. Wenn Khartum etwas unternehmen wolle, sollte die Regierung der Luftwaffe befehlen, die Bombardierung von Dörfern einzustellen. „Das wäre doch so einfach“, sagte er der Agentur Reuters. Sudan müsse umgehend seinen guten Willen unter Beweis stellen. „Die Amerikaner und wir denken, dass wir ihnen mit etwas drohen sollten, was wehtut.“

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