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Politik: Einer für alle

Die Bremer lieben Henning Scherf. Wenn nur die SPD nicht wäre

Der Mann ist ein Phänomen. Wenn die Bremer und Bremerhavener ihren Regierungschef direkt wählen könnten, hätte der Amtsinhaber und SPD-Spitzenkandidat Henning Scherf laut Meinungsumfragen etwa zwei Drittel der Wähler hinter sich. Sein CDU-Konkurrent, Finanzsenator Hartmut Perschau, müsste sich mit 19 Prozent geschlagen geben. Selbst bei den CDU-Anhängern hat Scherf einen leichten Sympathie-Vorsprung. Scherf schafft es, Wähler für sich einzunehmen, die sonst nicht unbedingt seine Partei unterstützen würden.

Daher waren die Sozialdemokraten bisher guter Hoffnung, dass sie bei der Bürgerschaftswahl am 25. Mai den Abwärtstrend von Hessen und Niedersachsen stoppen könnten. Doch inzwischen ist eine neue Meinungsumfrage bekannt geworden, wonach allmählich doch der Frust über die SPD-Bundespolitik auf das Bremer Ergebnis durchschlägt: Nach Angaben von Forsa dürfte die SPD von 42,6 auf 37 Prozent abstürzen, während sich ihr Koalitionspartner CDU von 37,1 auf 38 Prozent verbessern könnte und damit stärkste Fraktion in der Bürgerschaft würde. Die Grünen-Opposition dürfte – trotz Beteiligung an der Bundesregierung – von neun auf 14 Prozent hochschnellen, und die FDP würde zum dritten Mal hintereinander an der Fünf-Prozent-Klausel scheitern.

Nach diesem Schock achtet die SPD jetzt noch mehr darauf, den Streit um Schröders Sozialreform aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Sogar der Parteichef selber wird vor den Wählern versteckt: Schröder schaute nur einmal kurz am Mittwoch vorbei. Er trat nicht auf Großkundgebungen auf, sondern besichtigte ein Containerterminal in Bremerhaven und das Raumfahrtunternehmen Astrium in Bremen. Dabei sagte der Kanzler, dass trotz nachteiliger Wahlumfragen in Bremen ein Wahlsieg der Sozialdemokraten möglich sei. In Bremen gehe es um landespolitische, nicht bundespolitische Themen, erklärte er. Allerdings haben die Sozialdemokraten an der Weser noch ein weiteres Problem: Sie leiden unter Mobilisierungsschwäche. Bisher sind nur 79 Prozent ihrer Anhänger fest entschlossen, zur Wahl zu gehen.

Rot-Grün? Nein danke!

Die Bündnisfrage wollte die SPD im Wahlkampf offen halten. In der Partei gibt es starke Strömungen für Rot-Grün. Zwar hatte Scherf noch bis vor kurzem offen gelassen, ob er notfalls auch ein rot-grünes Bündnis anführen würde. Aber seit die CDU damit wirbt, dass nur sie eindeutig für die große Koalition eintrete, hat Scherf die Karten auf den Tisch gelegt: Rot-Grün mit ihm? Nein, danke! Und da der Wahlkampf voll auf ihn ausgerichtet ist, wird der SPD nichts anderes übrig bleiben, als dem Wunsch des 64-Jährigen zu folgen und zum dritten Mal mit der CDU zu koalieren – wenn die SPD wieder stärkste Partei wird.

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