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Politik: Einheitsfeiern: Süssmuths Kritik an Kohl - zum 3. Ihr Buch belegt: Auch über den Tag der Einheit hält die Zwietracht

Sie war lange Jahre "Lovely Rita", der Darling der CDU, auch von Helmut Kohl - bis sie wagte, offen zu widersprechen: Rita Süssmuth. Nicht zuletzt in Zeiten, als Kohl zum Kanzler der Einheit werden wollte.

Sie war lange Jahre "Lovely Rita", der Darling der CDU, auch von Helmut Kohl - bis sie wagte, offen zu widersprechen: Rita Süssmuth. Nicht zuletzt in Zeiten, als Kohl zum Kanzler der Einheit werden wollte. Deshalb ist ihr zu glauben, wenn jetzt rechtzeitig zum Tag der Einheit der "Stern" aus ihrem Buch vorab veröffentlicht, dass der Bundeskanzler schon beim kleinsten Hinweis auf marginale Fehler während dieses Prozesses sofort "explodierte". Die Einheit, das war doch er! Und wer den Gang der Dinge kritisierte, kritisierte ihn: eine späte Form von Majestätsbeleidigung.

Eine spät berufene Politikerin ist Rita Süssmuth, und dann eine erfolgreiche. Von der Familien- und Frauenministerin 1985 bis zur Parlamentspräsidentin in Zeiten der Einheit hat sie es gebracht. Süssmuth hätte nach Ernst Albrecht Ministerpräsidentin in Niedersachsen werden sollen - Regierungschef wurde stattdessen Gerhard Schröder. Nach der Einheit hätte sie Ministerpräsidentin in Thüringen werden können. Es wurde der alte Kohlianer Bernhard Vogel.

Entdeckt wurde die damals parteilose Professorin Süssmuth von Heiner Geißler. Beide verbindet der kritische Geist und auch der Versuch, Kohl 1988 zu entmachten, weil der politisch am Ende schien und die Partei programmatisch lähmte - bevor die Einheit auch ihm einen neuen Anfang schenkte. Danach, nach der "Rebellion" und nach der Einheit, herrschte vor allem Kohl. Und in der Spitze der CDU Misstrauen.

Zehn Jahre war Süssmuth im Amt der Parlamentspräsidentin, und pikanterweise ging ihre Ära mit der von Kohl zu Ende. Rita Süssmuth galt immer als "präsidiabel". Das auch unabhängig von mancherlei negativen Berichten darüber, wie sie ihre Privilegien für die Familie genutzt habe. Das positive Bild hielt sich, weil sie politisch untadelig ist: Süssmuth hat Grundsätze. Und oft genug verhielt sie sich auch in der Partei parteiübergreifend. Das bleibt für Süssmuth ein Grundsatz. Ihr Vorsitz in der Schily-Kommission zur Einwanderungsfrage ist der jüngste Beleg. Der erste war ihr riesiger Krach mit Franz Josef Strauß wegen der Aids-Problematik: Auch ihm wagte Süssmuth zu widersprechen.

Eine Widerständige ist sie bis heute, ihr Buch zeigt es. Süssmuth wirft Kohl vor, den 3. Oktober als Nationalfeiertag durchgesetzt zu haben, als "den Tag, an dem Helmut Kohls Einigungsvertrag in Kraft trat". Und mag es auch andere Versionen geben - richtig bleibt, dass der damalige Kanzler auf diesen Tag kam, nachdem er vorher den Wetterdienst zu den letzten zehn Jahren befragt hatte. Und dass dann Günther Krause als CDU-Fraktionschef in der Volkskammer den Antrag einbrachte. So hat es Kohl selbst vor einem Jahr gesagt.

Rita Süssmuth kämpft nun dagegen an, wie Helmut Kohl die Einheit auf sich bezieht. Sie hat wenige Kämpfe gegen Kohl gewonnen. Aber wie heißt ihr Buchtitel? "Wer nicht kämpft, hat schon verloren."

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