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Politik: Einheitspreis 200 Euro

Die Rürup-Kommission denkt über eine Pauschale als Krankenkassenbeitrag nach – Arbeitgeber zahlen dann nicht mehr die Hälfte

Von Cordula Eubel

Auch wenn es für Rot-Grün unangenehm wird: Die Experten der Rürup-Kommission wollen sich keinen Maulkorb verpassen lassen. Einen Tag, nachdem Regierungssprecher Thomas Steg einen Systemwechsel in der gesetzlichen Krankenversicherung abgelehnt hat, meldet sich der Kölner Gesundheitsökonom Karl Lauterbach zu Wort. Über die Einführung von Kopfpauschalen werde in der Rürup-Kommission diskutiert, sagte der Regierungsberater dem WDR. Man stehe allerdings erst „am Anfang der Diskussion“. Regierungssprecher Steg hatte am Vortag dementiert, dass sich Bundeskanzler Gerhard Schröder von der hälftigen Finanzierung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber verabschieden wolle, wie der „Stern“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet.

Mit der Einführung von Kopfprämien wäre das allerdings der Fall: Die Versicherten würden nicht mehr einen prozentualen Krankenkassenbeitrag in Abhängigkeit vom Lohn zahlen, sondern eine Pauschale. Nach Berechnungen des Sachverständigenrats müssten pro Person etwa 200 Euro gezahlt werden, damit die Pauschalen kostendeckend sind. Die Krankenkassenbeiträge der Arbeitgeber würden dem Gehalt zugeschlagen und versteuert. Die Umverteilung zwischen Arm und Reich sowie Kinderlosen und Familien läuft in einem solchen Modell über Steuern. Schätzungen zufolge würde das notwendige Umverteilungsvolumen in Deutschland bei 25 Milliarden Euro liegen. Die Schweiz ist bereits auf Kopfprämien umgestiegen. In der Rürup-Kommission befürworten mehrere Mitglieder die Pauschalen – auch Kommissionschef Bert Rürup.

Vorteil einer Kopfprämie wäre nach Ansicht von Lauterbach, dass die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung weniger stark von den Löhnen abhängig wäre. Für die Arbeitgeber sinken die Lohnnebenkosten, weil ihre Kassenbeiträge auf dem gegenwärtigen Niveau fixiert werden. Das bedeutet aber auch, dass die Arbeitnehmer im Falle von Beitragssteigerungen alleine zur Kasse gebeten werden.

Ein weiterer Schwachpunkt der Kopfprämien ist, dass bei den jährlichen Haushaltsdebatten die Steuertransfers vom Finanzminister in Frage gestellt werden könnten. Deshalb sehen viele SPD-Abgeordnete ebenso wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt das Modell eher skeptisch. Zu den entschiedenen Gegnern gehört auch die Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ursula Engelen-Kefer, die selbst Mitglied der Rürup-Kommission ist. Um den sozialen Ausgleich sicherzustellen, könnte nach Ansicht des Sozialexperten Gert G. Wagner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ein Fonds eingerichtet werden, in den alle einzahlen müssten. In Frankreich gebe es vergleichbare Familienkassen.

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