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Einigung im öffentlichen Dienst: Kommunen warnen vor höheren Gebühren

Erleichterung auf der einen Seite, Bedenken auf der anderen. Nach der Tarifeinigung im öffentlichen Dienst sind alle froh, dass ein Arbeitskampf vermieden werden konnte. Aber der Kompromiss wird Milliarden kosten - vor allem die Kommunen protestieren und drohen mit deutlich höheren Gebühren.

Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst hat bei Kommunen und kommunalen Einrichtungen wegen der finanziellen Auswirkungen Sorgen ausgelöst. Sowohl Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble als auch der Präsident der kommunalen Arbeitgeberverbände, Thomas Böhle, machten bereits am Montag deutlich, dass ihnen der Kompromiss nicht leicht gefallen ist. Das Ergebnis belaste die Kommunen mit 9,5 Milliarden Euro, beklagte Böhle und stellte höhere Gebühren für kommunale Dienstleistungen in Aussicht.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund verwies auf den finanziellen Druck bei Städten und Gemeinden und stellte sogleich eine Welle von Gebühren- und Beitragsanhebungen in Aussicht. Vielen Kommunen werde nichts anderes übrig bleiben, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Und der Vizevorsitzende des Verbandes Kommunaler Arbeitgeber, Harald Seiter, rechnet als Folge des Kompromisses mit einem Personalabbau in kommunalen Krankenhäusern. "Den Krankenhäusern bleibt nach diesem Abschluss nichts anderes übrig, als Personal zu entlassen", sagte er den "Stuttgarter Nachrichten". Dies müsse aber keine Kündigungen bedeuten, weil es vor allem im Pflegebereich ohnehin eine hohe Fluktuation gebe.

Abwälzungen auf Steuerzahler befürchtet

Die öffentlichen Arbeitgeber hatten zwar von vornherein eingeräumt, dass auch ihre Angestellten einen fairen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung haben sollten. Aber den Forderungen der Gewerkschaften nach acht Prozent mehr, mindestens aber 200 Euro, wollten ursprünglich weder Bund noch Kommunen folgen. Das Ergebnis kann sich für die Gewerkschaften sehen lassen. Alles zusammengerechnet - lineare Erhöhung, Sockelbetrag, Einmalzahlung - holten die Gewerkschaften für zwei Jahre insgesamt 8,9 Prozent heraus.

Die Reaktionen auf den Tarifabschluss bewegen sich daher zwischen Erleichterung darüber, einen Arbeitskampf vermieden zu haben, und Sorge: So erklärte auch der Vorsitzende des Bayerischen Städtetages, Regensburgs Oberbürgermeister Hans Schaidinger: "Die Städte sind erleichtert, dass mit dem Kompromiss für die Bürgerinnen und Bürger Streiks abgewendet werden konnten. Aber die finanziellen Auswirkungen liegen über dem, was wir erwartet haben."

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) kritisierte das Ergebnis der Tarifeinigung: "Der Steuerzahler muss für den Kompromiss einen hohen Preis zahlen", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer, Martin Wansleben, der "Berliner Zeitung".

Keine Signalwirkung

Nach monatelangen Verhandlungen hatten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in Potsdam auf deutlichen Lohnzuwachs und verlängerte Arbeitszeit geeinigt. Die Bezüge für die 1,3 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen steigen in diesem Jahr um 3,1 Prozent. Zudem wird ein Sockelbetrag von 50 Euro aufs Gehalt aufgeschlagen. Im Westen gilt die Erhöhung rückwirkend zum 1. Januar, im Osten seit dem 1. April. Am 1. Januar 2009 steigen die Gehälter um weitere 2,8 Prozent. Außerdem erhalten die Tarifbeschäftigten eine Einmalzahlung von 225 Euro. Der Abschluss gilt auch für rund 900.000 Angestellte in kommunalen Betrieben wie Krankenhäuser, Nahverkehr- oder Versorgungsunternehmen.

Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt warnte vor ähnlich hohen Abschlüssen in der Privatwirtschaft. Der Abschluss sei eine "falsche Weichenstellung", sagte Hundt der "Financial Times Deutschland". Auch der Chef der Tarifgemeinschaft der Länder, der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), wies eine Signalwirkung des Abschlusses von sich. Die Länder müssen für den öffentlichen Dienst allein verhandeln.

In der Nacht zum Dienstag einigten sich in Berlin die Verkehrsbetriebe (BVG) und die Gewerkschaft Verdi auf die Aufnahme von Tarifverhandlung auf Grundlage des Potsdamer Abschlusses. Ein für Dienstag angekündigter Streik im Nahverkehr der Hauptstadt wurde so kurz nach seinem offiziellen Beginn doch noch gestoppt. Die Verhandlungen sollten nach Gewerkschaftsangaben voraussichtlich noch im Laufe des Tages aufgenommen werden. Während der Tarifverhandlungen darf nicht gestreikt werden. (nim/dpa)

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