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Politik: Einst Freund, jetzt Feind

Die ersten Mehrparteienwahlen in Uganda seit 26 Jahren verlaufen friedlich – Amtsinhaber Museveni gilt als Favorit vor seinem Herausforderer Besigye

Eine historische Chance hat Yoweri Museveni schon verpasst: Er hätte als erster ugandischer Präsident in die Geschichtsbücher eingehen können, der freiwillig seinen Posten geräumt hat. Doch nachdem er vergangenes Jahr eine Verfassungsänderung durchsetzte, um die Beschränkung der Amtszeit in Uganda auf zweimal fünf Jahre aufzuheben, kandidiert er nun erneut. Museveni regiert seit 20 Jahren. Erst zehn Jahre nach seiner Machtübernahme am Ende eines Bürgerkriegs ließ er zum ersten Mal wählen.

Erstmals seit 26 Jahren haben am Donnerstag Präsidenten- und Parlamentswahlen stattgefunden, bei denen Kandidaten mehrerer Parteien zugelassen waren. Schon am frühen Morgen warteten Menschen in langen Schlangen vor den Wahllokalen. Bis zu deren Schließung zeichnete sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Die befürchteten Ausschreitungen blieben aus. 12 000 Soldaten waren während der Wahl im Einsatz. Einschüchterung und Gewalt gegenüber Anhängern der Opposition hatten den Wahlkampf geprägt, wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte. Nach Meinungsumfragen lag Amtsinhaber Museveni bis zuletzt knapp vor seinem Herausforderer und ehemaligen Weggefährten Kizza Besigye. Mit einem Wahlergebnis wird frühestens am Freitag gerechnet. Die drei weiteren Präsidentschaftskandidaten gelten als chancenlos.

Der 49-jährige Arzt Kizza Besigye, der wie Museveni aus dem Westen des Landes stammt, wurde 1982 Musevenis Leibarzt und enger Verbündeter im Guerillakampf gegen Milton Obote. Als Museveni 1986 an die Macht kam, machte er Besigye zum Minister. Sein Aufstieg endete, als er in einem internen Dokument die Einheitspartei NRM (Nationale Widerstandsbewegung) als korrupt und undemokratisch geißelte. Schon 2001 forderte er Museveni heraus. Nach seiner Niederlage focht er das Wahlergebnis an. Der oberste Gerichtshof entschied, Wahlbetrug habe zwar stattgefunden, aber den Wahlausgang nicht entscheidend beeinflusst. Besigye floh daraufhin ins südafrikanische Exil.

Kurz nach seiner Rückkehr nach Uganda Ende 2005 wurde Besigye wegen Vergewaltigung, Landesverrats und Terrorismus angeklagt. Die Vorwürfe werden weithin als politisch motiviert betrachtet. Er ist auf Kaution frei. Bei einer Verurteilung droht ihm die Todesstrafe.

Für die ugandische Bevölkerung geht es bei diesen Wahlen um die großen Themen Armut, Arbeit, Gesundheitsversorgung, Bildung. Museveni kann auf die Erfolge seiner Präsidentschaft verweisen: ein für die Region hohes Wirtschaftswachstum von sechs Prozent, die Einführung der kostenlosen Grundschule und Frieden in weiten Teilen Ugandas. In seinem Wahlprogramm verspricht er die Einführung einer Krankenversicherung und die kostenlose Sekundarschule. Darin und in seiner Wirtschaftspolitik unterscheidet er sich kaum von Besigye. Beide wollen die Landwirtschaft modernisieren – sie beschäftigt 80 Prozent aller ugandischen Arbeitskräfte. Beide wollen die produzierende Industrie ausbauen, um Arbeitsplätze zu schaffen und um schwankende Weltmarktpreise für das Hauptexportgut Kaffee abzufedern. Beide bleiben eher vage, wenn es um die Finanzierung der wohlklingenden Vorhaben geht. Allerdings hat der Herausforderer den Vorteil, dass er nicht erklären muss, warum er seit 20 Jahren an der Macht ist und noch immer einer von drei Ugandern in absoluter Armut lebt.

Ein weiteres großes Thema ist der Krieg im Norden des Landes. Seit knapp 20 Jahren mordet dort eine kleine Rebellenarmee ohne erkennbares Ziel, die „Widerstandsarmee des Herrn“ (LRA). Sie hat mehr als 1,4 Millionen Menschen vertrieben. Die Rolle Musevenis und seiner Armee in diesem Krieg wird im In- und Ausland allmählich kritischer gesehen. Der ugandische Politikwissenschaftler Mahmood Mamdani, der an der New Yorker Columbia-Universität lehrt, hat kürzlich in einem offenen Brief an den Präsidenten ausgesprochen, was viele denken. „Warum geht dieser Krieg wirklich weiter?“ Mamdani und andere Beobachter glauben, dass Musevenis Armee massive Vorteile aus der unübersichtlichen Situation zieht, politisch, finanziell, strategisch. Der brutale LRA- Anführer Joseph Koni flüchtete übrigens vor wenigen Wochen nach Kongo.

Judith Reker[Nairobi]

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