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Politik: Eiszeit in Iran

Präsident Ahmadinedschad will Medien und Universitäten von den „Feinden des Islam“ säubern

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad, in Konfrontation mit dem Westen über das Atomprogramm, schaltet auch intern auf volle Härte. Weil er die iranische Gesellschaft auf die Wiederkehr des zwölften vor tausend Jahren verschwundenen Imams (des Abgesandten Allahs) vorbereiten will, hat er der Kultur des Landes den totalen Krieg angesagt. An die Spitze des Innen- und Geheimdienstministeriums hat er Männer gesetzt, die schon in der Vergangenheit ihre skrupellose Bereitschaft zu Repression und Mord bewiesen.

Dass nun eine Epoche massiver kultureller Unterdrückung beginnt, dafür sorgt der neue Kulturminister Mohammad Hossein Saffar Harandi, einst – wie Ahmadinedschad – Revolutionsgardist und stellvertretender Herausgeber der erzkonservativen Tageszeitung „Kayan“. Dort pflegte er Demokratie „als effiziente Waffe“ zu verdammen, „die der Westen bei seiner Kulturinvasion der islamischen Welt“ einsetze.

Deshalb wurde jüngst westliche Musik verboten sowie alle Filme, die „Denkschulen wie Säkularismus, Liberalismus, Nihilismus, Feminismus propagieren und die authentischen Kulturen religiöser Gesellschaften zerstören und demütigen“. Viele iranische Regisseure erhielten seit der Wahl Ahmadinedschads im Juni keine Produktionsgenehmigung mehr – andere, wie Abbas Kiarosami, dürfen ihre Filme im Iran nicht zeigen.

Nach Angaben der „Vereinigung zur Förderung der Pressefreiheit“ hat der Druck auf Journalisten enorm zugenommen. Das Kultur-, und Geheimdienstministerium zitiert regelmäßig Medienschaffende zu Verhören, meist ohne ersichtliche Gründe. Ziel sei eindeutig, die Medien einzuschüchtern. Statt Journalisten zu verhaften, zieht Ahmadinedschad psychologischen Druck vor – auch durch Bedrohung von Angehörigen –, da dies weniger internationales Aufsehen erregt. Seit dem Amtsantritt von Ahmadinedschad hat das Kulturministerium so gut wie keine Genehmigung zur Veröffentlichung von literarischen und naturwissenschaftlichen Büchern gegeben.

Zum ersten Mal seit der islamischen Revolution 1979 treffen massive Säuberungen auch die Universitäten, die „islamisiert“ werden sollen. Präsidenten von zehn Universitäten wurden bereits entlassen. Ahmadinedschads geistlicher Mentor, der radikale Ajatollah Mesbah Yasdi, drängte jüngst den neuen Wissenschaftsminister Mehdi Zahidi, die Universitäten von „Feinden der islamischen Revolution“ zu säubern und Religion in alle Bildungsbereiche zu integrieren. Dieser Auftrag schließt auch eine Änderung der Textbücher mit ein, aus denen alle Bezüge zu westlicher Kultur ausgemerzt werden sollen. Zudem will man künftig Frauen zum Schutz ihrer „Moral“ zwingen, in ihren Heimatstädten zu studieren. Über eine strenge „nationale islamische Kleidung“, die allen Iranerinnen aufgezwungen werden soll, wird heftig diskutiert.

Birgit Cerha[Beirut]

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