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Politik: Elf-Minol-Skandal sorgt in Paris kaum für Aufregung - Genfer Ermittler warten auf Informationen aus Deutschland

Der erwartete Bumerang-Effekt ist ausgeblieben. Noch am Wochenende sah es so aus, als würde die CDU-Spendenaffäre unweigerlich auch Frankreich erfassen.

Der erwartete Bumerang-Effekt ist ausgeblieben. Noch am Wochenende sah es so aus, als würde die CDU-Spendenaffäre unweigerlich auch Frankreich erfassen. Doch der deutsche Polit-Orkan kam in Paris bisher nur als abgestandenes Lüftchen an. Die politische Klasse Frankreichs schweigt, die Justiz tritt auf der Stelle, und die Medien steigen eher lustlos auf die jüngsten Enthüllungen der ARD und des französischen TV-Senders France 2 ein. Gewiss, "Le Monde" sinniert über den "verwunschenen Helmut" nach und meldet das "Ende der moralischen Republik" in Deutschland. Die linksliberale "Libération" machte sogar mit "Kohl, dem alten unwürdigen Mann" auf. Doch für die Pariser Medien haben die jüngsten Berichte um mutmaßliche CDU-Spenden des französischen Elf-Konzerns den faden Beigeschmack des Déja-vu. Schließlich berichtete das Boulevardblatt "Le Parisien" schon vor Jahren, im April 1997, Elf habe Kohl finanziell unter die Arme gegriffen.

Schon damals herrschte unter den französischen Politikern betretenes Schweigen. Niemand hatte ein Interesse daran, die alten Dämonen des verstorbenen Ex-Präsidenten Mitterrand zu neuem Leben zu erwecken. Allzu viele Pariser Politiker - von Ex-Außenminister Roland Dumas auf der Linken bis Ex-Innenminister Charles Pasqua auf der Rechten - sollen von Schmiergeldern des Elf-Konzerns profitiert haben. Allzu lange haben zudem die Skandale des Ex-Präsidenten Mitterrand das politische Klima in Frankreich vergiftet.

Eine deutsch-französische Staatsaffäre um Elf-Schmiergelder und die CDU ist das letzte, was die politische Klasse in Paris derzeit gebrauchen könnte. Dementsprechend zurückhaltend fallen die Kommentare aus. Außenminister Hubert Védrine erklärte, er habe "keinerlei Information zu diesem Thema" - obwohl er unter Mitterrand Generalsekretär des Elysée-Palasts war. Sozialistenchef Francois Hollande warnte vor "summarischen Urteilen" und brachte sein "Mitgefühl" mit dem "großen Europäer" Kohl zum Ausdruck. Justizministerin Elisabeth Guigou betonte, bei den jüngsten Enthüllungen handele es sich um "Gerüchte auf der Basis anonymer Äußerungen". Die französischen Ermittlungen hätten bisher keine Verbindung zwischen Elf und den schwarzen Kassen der CDU ergeben.

Tatsächlich tritt die französische Justiz in der Elf-Leuna-Affäre auf der Stelle. Obwohl Ermittlungsrichterin Eva Joly bereits seit sechs Jahren die teils illegalen Praktiken des Schmiermittelkonzerns Elf Aquitaine untersucht, hat sie bisher keine Beweise für eine CDU-Connection zu Tage gefördert. Klar scheint lediglich, dass der damalige Elf-Chef Le Floch-Prigent einmal im Jahr eine Liste der Kommissionszahlungen anfertigte und dem Elysée-Palast übermittelte.

Der Bitte der Genfer Staatsanwaltschaft, Informationen über den Korruptionsfall um den französischen Ölmulti Elf Aquitaine zu übermitteln, hat die Staatsanwaltschaft Augsburg bisher nicht entsprochen. Das bestätigte am Mittwoch der Genfer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa. Die Schweizer Behörde ermittelt wegen des Verkaufs der ostdeutschen Leuna-Minol an Elf im Jahr 1992. Bertossa geht davon aus, dass bei der Privatisierung erhebliche Schmiergeldsummen geflossen sind. Berichte, nach denen die ehemalige Staatssekretärin Agnes Hürland-Büning bereit ist, in Genf auszusagen, kommentierte Bertossa vorsichtig: "Das ist eine Möglichkeit, die existiert." Die CDU-Politikerin, die die Annahme von knapp 600 000 Mark Provisionen eingeräumt hat, gilt als eine Schlüsselfigur in der Schmiergeldaffäre. Wann die Genfer Untersuchungen abgeschlossen sein werden, ließ Bertossa offen. Bertossa hatte früher darauf hingewiesen, dass bestimmte Verdächtige offensichtlich in die CDU-Parteispendenaffäre als auch in den Elf-Fall verwickelt seien. Die Genfer Staatsanwaltschaft ermittelt, weil die Schmiergeldzahlungen von Elf wohl über deren Genfer Filiale Elf Aquitaine International (EAI) geflossen sind. Nach Meinung von Experten dient EAI einzig dazu, geheime Finanztransaktionen der Firma abzuwickeln.

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