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Politik: Elterngeld stößt im Kabinett auf Widerstand

Bonn - Der Vorstoß von Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) zur Reform des Erziehungsgeldes ist im Kabinett auf Widerstand gestoßen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte nach einer zweitägigen Klausurtagung des Kabinetts in Bonn, es habe über dieses Thema eine sehr kontroverse Debatte gegeben.

Bonn - Der Vorstoß von Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) zur Reform des Erziehungsgeldes ist im Kabinett auf Widerstand gestoßen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte nach einer zweitägigen Klausurtagung des Kabinetts in Bonn, es habe über dieses Thema eine sehr kontroverse Debatte gegeben. Er selber zeigte Sympathie für Schmidts Vorschlag, der einem schwedischen Modell entlehnt ist. Schröder sprach von einer „gefährlichen Zurückhaltung“ von Akademikern im Alter um die 30 bei der Familiengründung. Es gebe aber „keine abschließende Entscheidung“. Das Modell des einkommensabhängigen Elterngeldes sieht höhere Leistungen und eine kürzere Bezugsdauer als das derzeitige Erziehungsgeld vor.

Nicht jedem am Kabinettstisch ist ganz wohl bei dieser Vorstellung. Finanzminister Hans Eichel (SPD) nicht, weil er neue, tiefe Griffe der Sozialpolitik in seine Kassen fürchtet. Aber auch grundsätzliche Fragen stellen sich: Während die Logik des gesamten rot-grünen Reformpakets darauf abzielt, staatliche Zuwendungen und Sozialleistungen im Wesentlichen nur noch nach Maßgabe der Bedürftigkeit zu gewähren, würde das Umsteuern in der Familienpolitik genau das Gegenteil bedeuten: Nicht nach tatsächlicher Bedürftigkeit würden die Familien staatliches Geld erhalten, sondern entsprechend ihres Einkommens, auf das sie zeitweise verzichten müssten, wenn sie zur Kindererziehung zu Hause blieben. Befürworter des Elterngeldes geben zu bedenken, der Ansatz wäre nichts anderes als der Versuch, die Beobachtung des Nationalökonomen Friedrich List aus dem 19. Jahrhundert – Wer Schweine aufziehe, sei ein „produktives“, wer Kinder erziehe, hingegen ein „unproduktives Mitglied der Gesellschaft“ – zu konterkarieren. Die Folgen fehlgeschlagener Familienförderung sind sichtbar: Die Geburtenrate liegt deutlich unter der Sterbequote. Weder steuerliche Besserstellung von Familien noch höhere Geldtransfers an Eltern konnten die Geburtenfreudigkeit der Deutschen erhöhen.

Peter Siebenmorgen

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