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Politik: "Elternzeit": Ministerin Bergmann macht Männern Mut

Berlin. "Möglichst viele mutige Männer" wünscht sich Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD).

Berlin. "Möglichst viele mutige Männer" wünscht sich Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD). Nach den Vorstellungen der Politikerin sollen sie sich bereithalten zum Staubsaugen, Kinder wickeln und Essen kochen. Und, was sicher den meisten Mut erfordert, ihren Beruf sollen sie dafür zumindest eine Zeit lang zurückstellen und verkürzt arbeiten. Einen Anreiz für dieses bislang selten in Anspruch genommene Modell soll das neue Bundeserziehungsgesetz bieten, das ab 1. Januar gilt.

Bislang liegt der Prozentsatz der Männer, die sich für einen Erziehungsurlaub entscheiden, bei mageren 1,5 Prozent. Diesen Schnitt können auch Unternehmen wie die alternative Berliner "tageszeitung", bei der seit einigen Jahren die Zahl der männlichen "Erziehungsurlauber" kaum unter der der weiblichen liegt, nicht heben. Zwar ergeben Studien immer wieder, dass Väter gerne mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen möchten, allein "der verbalen Aufgeschlossenheit" steht eine "weitgehende Verhaltensstarre" gegenüber, wie es der Soziologe Ulrich Beck formulierte.

Meistens hat diese "Verhaltensstarre" ganz handfeste Gründe: So befürchten Männer durch die "Auszeit" einen Karriereknick. Da sie nach wie vor im Schnitt mehr Geld nach Hause bringen als die Frauen, sehen die Familien dadurch langfristig finanzielle Risiken.

Durch das neue Gesetz sollen diese Risiken zumindest abgefedert werden. Der Schritt für Schritt von zehn Monaten auf drei Jahre ausgedehnte Erziehungsurlaub, den es in Deutschland seit 15 Jahren gibt, erfährt durch die jetzt in Kraft tretende dritte Gesetzesänderung nach Ansicht des Familienministeriums einen Riesenschritt nach vorn: Erstmals können Väter und Mütter gemeinsam in Erziehungsurlaub gehen, der künftig "Elternzeit" heißt. Statt 19 Stunden können beide bis zu 30 Stunden arbeiten und dieser Anspruch, der bisher vom Willen des Arbeitgebers abhängt, ist mit dem neuen Gesetz festgeschrieben. Auch die Einkommensgrenzen für den Erhalt des Erziehungsgeldes über den siebten Lebensmonat des Kindes hinaus bis zum zweiten Lebensjahr wurden gehoben. Nach wie vor wird aber nur ein kleiner Teil der Familien in diesen Genuss kommen.

Ob für die Väter von morgen wirklich eine neue Ära heranbricht, wird sich erst in den kommenden Monaten und Jahren herausstellen. In Bergmanns Ministerium ist man mit Prognosen zurückhaltend. Allerdings soll begleitend zu dem Gesetz im Frühjahr eine "Väterkampagne" beginnen. Durch dezentrale Aktionen und Fernsehspots sollen Familien über das neue Gesetz informiert und Bergmanns Anliegen, mehr Männer zur "Elternzeit" zu bewegen, unterstützt werden. An der Kampagne sollen sich Firmen beteiligen, die für das neue Modell aufgeschlossen sind.

Ein Knackpunkt, an dem der Bergmannsche Wunsch scheitern könnte, wurde bislang allerdings nur zaghaft angesprochen: die Kinderbetreuung. Denn was nützt es Eltern, wenn sie arbeiten können, der Kindergarten aber um 13 Uhr schließt. Die Ministerin hat den Appell für eine bessere Betreuung an Städte und Kommunen weitergegeben, auch mit dem Hinweis, wie schlecht Deutschland, vor allem die alten Bundesländer, hier im europaweiten Vergleich abschneidet. Gerade mal fünf Prozent der Kinder unter drei Jahren können im Westen eine Tageseinrichtung besuchen, während es in Dänemark rund die Hälfte der Kinder in diesem Alter sind.

Birgit Hohmann-Wilke

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