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Politik: Endlager statt Zwischenlager: Novelle des Atomgesetzes nimmt Akw-Betreiber in die Pflicht

Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat die Novelle des Atomgesetzes fertig. Damit will er den im Juni zwischen Bundesregierung und Atomstromerzeugern ausgehandelten Atomausstieg gesetzlich festschreiben.

Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat die Novelle des Atomgesetzes fertig. Damit will er den im Juni zwischen Bundesregierung und Atomstromerzeugern ausgehandelten Atomausstieg gesetzlich festschreiben. Bevor es soweit ist, werden sich noch die Fachpolitiker der Fraktionen damit beschäftigen und die bei einem Gesetzentwurf üblichen Anhörungen der Experten aus den verschiedenen Interessenverbänden stattfinden. Trittin hofft, dass dieses Verfahren bis Ende des Jahres abgeschlossen ist und der Gesetzentwurf bis dahin auch das Kabinett passiert hat. Der Bundesrat ist laut Umweltministerium nicht zustimmungspflichtig, könnte aber einen Vermittlungsausschuss fordern. Dennoch soll das "Gesetz zur geordneten Beendigung der Atomenergienutzung zur Erzeugung von Elektrizität" im Sommer 2001 in Kraft treten.

Damit gehen in Deutschland nicht die Lichter aus. Denn wie die Vereinbarung zwischen Regierung und AKW-Betreibern vorsah, können die Energieversorger auch laut Gesetz noch solange ihre Atomkraftwerke laufen lassen bis bestimmte Strommengen erreicht sind. Trittin setzt die Reststrommengen für die 19 laufenden Atommeiler fest. Demnach werden die beiden ältesten AKW Obrigheim und Stade als Erstes vom Netz gehen. Dem nie angefahrenen AKW Mülheim-Kärlich wird die erkleckliche Summe von 107,25 Terrawattstunden zugebilligt (zum Vergleich: Stade hat noch 23,18 TWh). Die Betreiber dürfen die Menge auf die AKW Emsland, Neckarwestheim 2, Isar 2, Brokdorf und Gundremmingen B und C sowie Biblis B übertragen. Nach dem neuen Gesetz soll die regelmäßige Sicherheitsüberprüfung gesetzlich normiert werden.

Trittin will die AKW-Betreiber verpflichten Zwischenlager für den atomaren Müll am Standort des Kraftwerks zu errichten und zu nutzen. Damit wird sich die Zahl der politisch brisanten und gesundheitsgefährdenden Castor-Transporte verringern. Die AKW-Besitzer müssen jährlich nachweisen, dass sie vorsorglich für eine sichere Endlagerung sorgen. Da es in Deutschland bislang kein Endlager gibt, gestattet das neue Atomgesetz die "ordnungsgemäße Zwischenlagerung" von alten Brennstäben und atomaren Abfall bis der Strahlenmüll in ein Endlager transportiert wird. Die AKW-Betreiber müssen außerdem gewährleisten, dass "der schadlose Wiedereinsatz des aus der Aufarbeitung gewonnenen Plutoniums (...) in Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur Erzeugung von Elektrizität gewährleistet ist". Mit anderen Worten: Dass sie nicht mehr Plutonium produzieren als sie nutzen können und das Plutonium nicht in die Waffenproduktion wandert.

Mit dem Gesetz steigt Rot-Grün auch aus der Wiederaufarbeitung von abgebrannten Kernbrennstäben aus. Ab dem 1. Juli 2005 dürfen die Atomstromer ihre alten Kernbrennstäbe nicht mehr aufarbeiten lassen. Auch diese Regelung wird zum politischen Frieden in Europa beitragen, da dann keine Transporte in die Wiederaufarbeitungsanlagen ins französische La Hague und ins schottische Sellafield nötig sein werden. "Die geschlossenen Verträge können bis dahin abgewickelt werden", so das Gesetz. Somit würden weder Industrie noch Regierung Kosten entstehen. Den Energieversorgern entstehen aber saftige Kosten durch eine höhere Deckungsvorsorge. Künftig müssen die AKW-Betreiber mit 2,5 Milliarden Euro das Zehnfache für die Haftung bereithalten.

Ulrike Fokken

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