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Politik: Energiewende für einen Euro?

Von Dieter Fockenbrock

Windmühlen braucht das Land – je mehr, je besser? Die Konjunktur steht auf der Kippe, weil das Erdöl immer teurer wird. Das haben nicht einmal der starke Euro und die Konsumverweigerung der Deutschen geschafft. Pessimisten sehen den Ölpreis schon bei 50 Dollar je Barrel, ein Drittel höher als heute. Dann müssten wir alle Hoffnungen begraben, dass wenigstens ein kleines Plus vor der Wachstumsrate steht. Doch Wind ist keine Lösung.

Deshalb ist der Wirtschaftsminister besorgt, Industrie und Ökonomen stimmen immer lauter das Wehklagen über explodierende Energiekosten an. Mit dem Öl sind alle klassischen Energieträger wie Erdgas und Kohle sehr teuer geworden. Nur einer freut sich – klammheimlich. Umweltminister Jürgen Trittin sieht sich bestätigt, dass die von ihm proklamierte Wende hin zu Wind und Sonne besser heute als morgen stattfinden muss. Jetzt sogar aus ökonomischen Gründen. Ökologisch war das ohnehin keine Frage.

Bislang fehlte es dem Minister an Überzeugungskraft. Trittin machte gern die kleine Rechnung auf. Wind-, Sonnen- und Biostrom kosten den Durchschnittshaushalt nur einen Euro pro Monat zusätzlich. Preiswerter, sagt er, kann man Klimaschutz nicht haben. Der grüne Politiker hat Recht. Statistisch betrachtet kostet die staatlich geförderte Entwicklung regenerativer Energieformen den einzelnen Bürger weniger als ein Taschengeld.

Wenn es aber tatsächlich so billig wäre, Luft verschmutzende Kraftwerke durch saubere Energie zu ersetzen – warum produzieren wir dann immer noch die Hälfte unseres Stroms mit Kohle? Und wenn es wirklich so simpel wäre, den Ölscheichs ein (Preis-) Schnippchen zu schlagen. Ja, warum haben wir das nicht längst gemacht? Die nüchterne Antwort: So einfach, wie der Umweltminister argumentiert, ist es nicht – leider. Die Energiewende braucht mehr Zeit, als viele Grüne behaupten. Vor allem aber: Der dringend notwendige Umstieg auf Alternativen zu Öl, Gas und Kohle braucht mehr als einen Euro pro Monat und Haushalt. Hochgerechnet wären das nämlich nur 500 Millionen Euro pro Jahr zur Förderung von Windmühlen und Solarzellen. In Wahrheit sind es drei Milliarden Euro. Der Rest muss von Industrie und Gewerbe bezahlt werden – und am Ende natürlich von den Verbrauchern.

Diese Billig-Rechnerei rächt sich. Denn die Bürger haben längst begriffen, dass weit mehr aus ihrer Tasche gezogen wird, als Trittinsche Rechentricks suggerieren. Nur: Wieviel es wirklich ist, das können sie nur ahnen. Selbst der klassische Reflex, dass die massiven Preiserhöhungen bei Benzin und Diesel nur dem Wohl der Ölscheichs in Saudi-Arabien dienen, funktioniert nicht mehr. Wenn 70 Prozent des Spritpreises und 40 Prozent der Stromrechnung auf das Konto des Staates gehen, erübrigt sich jeder Kommentar. Und auch diese Zahlen haben sich die Menschen gemerkt: 45 Milliarden Euro Mineralölsteuer und 16 Milliarden Ökosteuer. Doch die versickern im Staatshaushalt und den sozialen Sicherungssystemen, statt damit die energiepolitische Wende zu finanzieren. Und fürs Umschichten gibt es keinen Spielraum.

Die Mehrheit der Bürger will den Ausbau von Wind-, Wasser- oder Sonnenkraftwerken. Das sagen Umfragen. Und sie sind auch bereit, dafür zu zahlen. Der Konjunktur machen es die hohen Energiepreise zwar schwer, aber den Umstieg viel leichter. Neue und teure Technik wird schneller rentabel. Doch wer zahlt, will auch wissen wofür. Sonst verliert die Energiewende an Glaubwürdigkeit.

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