zum Hauptinhalt

Entscheidungen des Sozialgerichts: Lohnzuschläge von Hartz-IV-Empfängern werden angerechnet

Für Hartz-IV-Empfänger lohnt es sich nicht, nachts oder feiertags zu arbeiten. Die Lohnzuschläge, die für eine Beschäftigung in den Nachtstunden oder an Sonn- und Feiertagen gezahlt werden, sind nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom Dienstag in voller Höhe auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen.

Für Hartz-IV-Empfänger lohnt es sich nicht, nachts oder feiertags zu arbeiten. Die Lohnzuschläge, die für eine Beschäftigung in den Nachtstunden oder an Sonn- und Feiertagen gezahlt werden, sind nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom Dienstag in voller Höhe auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen. Eine „zweckbestimmte Einnahme“, die wie etwa ein Schmerzensgeld bei der Hartz-IV-Berechnung nicht berücksichtigt werden muss, wollten die Kasseler Richter in den steuerfreien Zuschlägen nicht erkennen: Es handele sich um ganz normales Einkommen zum Lebensunterhalt, urteilte der Senat. Geklagt hatten Eheleute aus Dresden, die vom geringen Arbeitslohn des Mannes allein nicht leben können und deshalb als sogenannte Aufstocker ergänzend Hartz IV beziehen. Weil der Kläger als Wachmann regelmäßig für Dienste in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen eingeteilt wird, hätte eine Nichtanrechnung der dafür gezahlten Zuschläge dem Paar monatlich rund 90 Euro mehr an Sozialleistungen eingebracht.

In einem zweiten Urteil stärke das BSG die Rechte von Hartz-IV-Empfängern. Demnach dürfen diese umziehen, auch wenn der Wohnraum im Zuzugsgebiet teurer ist. Das ergebe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Umzug „erforderlich“ sei, etwa um die Vermittlungschancen zu verbessern. Im Streitfall war der Hilfeempfänger zunächst von Berlin in ein Dorf in Bayern gezogen, wo er eine Wohnung für nur 193 Euro warm fand. Später zog er aber wieder nach Berlin zurück. Seine Wohnung dort kostete monatlich 300 Euro – für Berliner Verhältnisse immer noch günstig. Das Jobcenter Steglitz-Zehlendorf wollte dennoch nur Unterkunftskosten in bisheriger Höhe bezahlen. Dies gelte laut Gesetz nach jedem „nicht erforderlichen Umzug“. Dagegen wandte der Kläger ein, Hartz-IV-Empfänger in günstigen Wohnregionen könnten nicht „immer und ewig“ dort gebunden sein.

Doch die Vorschrift greift nur im kommunalen „Vergleichsraum“, für den die örtlich zuständige Arbeitsgemeinschaft einheitliche Mietobergrenzen festgesetzt hat, urteilte das BSG. Auf einen Umzug in ganz andere Gegenden oder gar ein anderes Bundesland sei der Paragraf nicht anwendbar. Das ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang des Sozialgesetzbuchs, sei aber auch verfassungsrechtlich geboten. Andernfalls seien der Gleichheitssatz und die ebenfalls im Grundgesetz verankerte Freizügigkeit verletzt. Das Jobcenter in Berlin müsse daher für eine Unterkunft in dort angemessener Höhe aufkommen. (AFP/ddp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false