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Politik: Erkrankte Radartechniker: Verdacht aus den eigenen Reihen

Eine "großzügige Lösung" hatte Bundesverteidigungsminister Scharping (SPD) den erkrankten früheren Radartechnikern der Bundeswehr im Februar angekündigt. Doch trotz eines Vergleichsangebots der Betroffenen gibt es bislang noch keine Einigung.

Eine "großzügige Lösung" hatte Bundesverteidigungsminister Scharping (SPD) den erkrankten früheren Radartechnikern der Bundeswehr im Februar angekündigt. Doch trotz eines Vergleichsangebots der Betroffenen gibt es bislang noch keine Einigung. Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht Schleswig Anfang April einem kranken Kläger Recht gegeben und der Bundeswehr "jahrelange Versäumnisse bei der Information über den Umfang der Röntgenstrahlung" vorgeworfen. Es sei Sache der Bundeswehr zu beweisen, dass die Kläger auch ohne diese hohe Strahlendosis erkrankt wären. Scharping kann bis zum 10. Mai gegen das Urteil Widerspruch einlegen.

Um jenen Technikern zu helfen, die nach ihrer Arbeit an den umstrittenen Radargeräten erkrankten, müssten auch die Versorgungsämter entsprechend instruiert werden, da sie für die ausgeschiedenen Kameraden zuständig sind. Die Universität Witten-Herdecke hat 99 Radartechniker untersucht, die bis 1989 unzureichend geschützt oder an kaum gesicherten Anlagen gearbeitet hatten. 24 sind verstorben und fast 70 schwer erkrankt.

Staatssekretär Kolbow dagegen blieb seine Antwort auf eine Anfrage aus dem Verteidigungsausschuss schuldig, inwieweit die von den Schleswiger Richtern anerkannte Umkehr der Beweislast für die Radarschäden anzuwenden ist. "Ich habe die Bitte geäußert, dass das Ministerium dazu Stellung bezieht", erklärte der FDP-Politiker Hildebrecht Braun: "Der Staat hat eine besondere Fürsorgepflicht für die Soldaten und ehemalige Bundeswehrangehörige. Die Strahlenbelastung wurde bis in die siebziger Jahre nicht bekannt gemacht. Der einzelne Betroffene ist damit überfordert, einen Zusammenhang nachzuweisen. Deshalb brauchen wir die Beweislastumkehr zulasten der Bundeswehr."

Der Bremer Anwalt Rainer Apel, der den Schleswiger Prozess zugunsten des kranken Radartechnikers geführt hatte, spricht von einer Anweisung aus dem Verteidigungsministerium: "Die lautet: Keine auch noch so berechtigten Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich anzuerkennen, die im Zusammenhang mit Strahlenschäden stehen, es sei denn, der Betroffene sei unmittelbar an einem Vorfall gestorben." Diese Anweisung sei von Vertretern der Wehrbereichsverwaltung bestätigt und als Entschuldigung angeführt worden, weshalb kein Vergleich möglich sei. Apel: "Das hindert die Beklagten und Versorgungsämter die Ansprüche anzuerkennen." Diese Anweisung hätten bis zur Äußerung Scharpings im Februar gegolten. Ein Ministeriumssprecher bestritt im Gespräch mit dem Tagesspiegel, dass es eine solche Anweisung offiziell gegeben hat.

Zuletzt hatte der Bundeswehrverband, die "Gewerkschafts"-Vertretung der Soldaten, den gleichen Verdacht geäußert. Es gebe Hinweise auf "Vorgaben aus dem Ministerium", um das gesundheitliche Risiko beim Betrieb von Radareinrichtungen in der Bundeswehr "zu vertuschen", heißt es in der Fachzeitschrift des Bundeswehrverbandes.

Claudia Lepping

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