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Politik: Es fährt ein Zug nach irgendwo Von Bernd Hops

Schon wieder will die Bahn ihre Fahrpreise erhöhen. Schon wieder hapert es mit der Pünktlichkeit.

Schon wieder will die Bahn ihre Fahrpreise erhöhen. Schon wieder hapert es mit der Pünktlichkeit. Schon wieder werden die Investitionen in das Schienennetz so weit zurückgefahren, dass es teilweise zu verrotten droht. Vor zehn Jahren, als die Bahn zur Aktiengesellschaft wurde, war es genauso. Und damals versprachen Politiker, Bahnmanager und Verkehrsexperten: Alles wird gut. Die Bahn wird, geführt wie ein privates Unternehmen, besser, schneller – und kostengünstiger für die Steuerzahler und die Kunden sein.

Zehn Jahre nach Beginn der großen Bahnreform lieben und hassen die Kunden das Unternehmen wie zu alten Behördenzeiten – mit deutlichem Übergewicht bei den negativen Gefühlen. Denn Hartmut Mehdorn trimmt das Unternehmen auf Rendite, um im kommenden Jahr börsenfähig zu sein – und zwar zu Lasten der Kunden. Jetzt verschleppt er offenbar sogar wichtige Investitionen, um in diesem Jahr wenigstens plusminus null abschließen zu können. Was nichts anderes heißt, als dass die Kunden in den nächsten Jahren noch mehr Grund zum Ärger haben werden.

Der Auftrag der Politik bei Verabschiedung der Bahnreform vor zehn Jahren war: Steh so schnell wie möglich auf eigenen Beinen. Aber es gibt auch noch das Grundgesetz. Danach ist die Bahn Teil der Grundversorgung – auch nach einem Börsengang. Und das heißt, dass die Bahn ähnlich wie die Post und die Telekom beide Ziele verfolgen muss: Sie muss rentabel werden – und die Versorgung in der Fläche sichern.

Für die Flächenversorgung greift der Steuerzahler jedes Jahr tief in die Tasche. Fast sieben Milliarden Euro überweist die Regierung an die Bundesländer, damit die wiederum – fast immer – bei der Bahn die Bedienung von Strecken bestellen. Daneben gibt es allein für den Erhalt des bestehenden Schienennetzes jährlich 2,5 Milliarden Euro.

Und in den vergangenen Jahren hat die Bahn – nach Jahrzehnten der Vernachlässigung – Milliarden an eigenen Mitteln in ihre Modernisierung gesteckt, um attraktiv und wettbewerbsfähig zu werden. Bahnfahren ist auf vielen Fernstrecken heute billiger als noch Ende der 90er Jahre – auch nach den angekündigten Preissteigerungen. Nirgends in Europa gibt es ein so komfortables Zugsystem wie den ICE. Selbst im Nahverkehr sind die Waggons zum größten Teil modernisiert worden.

Aber der Effekt ist ernüchternd: Die Milliardeninvestitionen schlagen sich unterm Strich kaum positiv beim Geschäft nieder. Dafür ächzt der Konzern unter einem Schuldenberg, wie er größer kaum sein könnte. Und: Um die Bahn fit zu halten, wird noch mehr Geld gebraucht.

Die Bundesregierung hat sich bis Mitte 2005 Zeit gegeben, über einen möglichen Börsengang der Bahn zu entscheiden. Aber vor der eigentlichen Frage, die schon längst geklärt sein müsste, drückt sie sich: Was für eine Bahn wünscht sie sich – eine, die möglichst flächendeckend aktiv ist, oder eine, die vor allem auf die Rendite schaut? Zehn Jahre nach Beginn der Bahnreform ist es höchste Zeit für eine Entscheidung. Wenn die ehrlich ausfällt, wird es hart. Die Bahn, wie sie heute ist, bräuchte zusätzliche Staatsmilliarden, um das Niveau zu halten. Sei es durch Zuschüsse oder Schuldenübernahme. Die gibt es aber nicht. Es muss deshalb gespart werden. Die Frage ist nur wo. Dafür braucht die Bahn eine klare Ansage ihres Eigentümers – und keine Schläge für jeden Versuch, das Unvermeidliche tatsächlich zu tun.

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