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Politik: Es rumort nicht nur an der Basis

BONN .Jürgen Trittin hat das samtweiche Staatsmanns-Timbre aufgelegt.

BONN .Jürgen Trittin hat das samtweiche Staatsmanns-Timbre aufgelegt.Geduldig und ohne jeden zweifelnden, geschweige denn polemischen Unterton sagt er es in die Mikrofone und Kameras: Ihm wäre es auch lieber, wenn zivile Organisationen die Flüchtlingslager in Südalbanien aufbauen könnten.Aber dem sei offenbar nicht so.Deshalb müßten es eben Bundeswehrsoldaten tun.Aber es sei gewährleistet, daß sie nur dies täten, ein "Abrutschen in irgendeine Form von Landkrieg" werde es mit seiner Partei, mit dieser Bundesregierung, nicht geben.Keine Chance, ihn in der Kosovo-Frage auf die Buhmann-Rolle festzulegen.Der Kabinettslinke steht wie eine Eins - nicht nur geraden Rückens vor dem Fraktionssaal der Grünen, sondern auch was seine Position angeht.

Der Umweltminister, der für seine kritischen Fragen im Kabinett schon gerüffelt wurde, dürfte es allerdings gern hören, wenn aus dem Kabinett berichtet wird, daß er sich auch am Dienstag wieder zu Wort gemeldet habe.Er und die sozialdemokratische Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul.Die beiden, so heißt es, hätten darauf hingewirkt, daß die Regierungsvorlage den Kabinettstisch nicht ganz so "weich" verlassen habe, wie sie aus dem Verteidigungsministerium gekommen sei.Nun ist jedenfalls klar gestellt, daß für jeden anderen Auftrag der Bundeswehrsoldaten, zumal nicht in Albanien, sondern im Kosovo, ein weiterer Bundestagsbeschluß und ein UN-Mandat nötig sind.

Die Bundestagsfraktion der Grünen wankt noch nicht, aber es rumort.An der Basis haben die Parteifreunde immer weniger Verständnis für einen Krieg, bei dem aus ihrer Sicht nicht die Schläge gegen Milosevic, sondern die "Kolateralschäden" an Zivileinrichtungen in den Vordergrund treten.Gerade hat die Parteispitze den Sonderparteitag am 13.Mai von Hagen nach Bielefeld verlegt.Dort ist die Tagungshalle größer, mehr Platz für interessiertes Fußvolk.

In der Parteispitze wird der Ruf nach einem befristeten Bombenstopp immer lauter.Wenigstens, um die Flüchtlinge zu versorgen, die im Kosovo vagabundieren, forderte Sprecherin Antje Radcke.In eine Bundestagsresolution gefaßt, könnte das jedoch als Distanzierung von der Regierung aufgefaßt werden.Deshalb wird noch mächtig hinter den Kulissen gerungen.Fraktionssprecherin Kerstin Müller ist für eine den Kabinettsbeschluß ergänzende Resolution der Fraktion.Verteidigungsexpertin Angelika Beer äußert sich skeptisch.Noch vermeiden alle die offene Konfrontation.Selbst Kriegsgegner Ströbele gibt sich diplomatisch und will erst wissen, was Trittin schon weiß, warum Soldaten und nicht zivile Organisationen den humanitären Einsatz in Albanien leisten müssen.Aus dem Kabinett in die Fraktionen, dann am heutigen Mittwoch morgen in die Ausschüsse, anschließend wieder Sondersitzung.Jeder neue Schritt wird neu beraten.Freitag dann die Abstimmung.

THOMAS KRÖTER

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