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Politik: „Es trifft alle“

Finanzminister Hans Eichel hält Ausgewogenheit für gegeben

Herr Eichel, wer eine beschlossene Steuersenkung verschiebt, der erhöht die Steuer, oder?

Keineswegs. Die Bürger werden ja 2004 und 2005 in vollem Umfang entlastet. Aber angesichts des Ausmaßes der Aufbaunotwendigkeiten ist es doch für den Bürger hinnehmbar, ein Jahr auf Entlastungen zu warten. Wir brauchen jetzt die Mittel, um zu verhindern, das die betroffenen Regionen zurückfallen. Die Verschiebung der Steuerentlastung ist sozial gerecht, denn die Einkommensteuer ist nach dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz ausgestaltet. Wir erreichen so, dass jeder einen angemessen Teil der anstehenden Aufgabe finanziert.

Warum haben Sie gerade dieses Mittel gewählt und nicht Ihr Ziel verschoben, die Neuverschuldung des Bundes bis 2006 auf Null zu reduzieren?

Eine Erhöhung der Schulden bedeutet eine Belastung zukünftiger Generationen. Es ist ein Element einer nachhaltigen Politik, dass wir die Kosten der heutigen Flutschäden nicht von unseren Kindern bezahlen lassen. Eine Lehre aus der Jahrhundertflut ist für mich, dass es keine Alternative zu einer Politik der Nachhaltigkeit gibt. Dies gilt für den Umweltschutz wie für die Finanzpolitik. Gerade angesichts der jetzigen Anstrengungen sollte jedem klar sein, dass wir um den Staat auch in Zukunft handlungsfähig zu erhalten, den Kurs der Haushaltskonsolidierung fortsetzen müssen.

Ist diese Steuerreform-Verschiebung sozial ausgewogen, oder wird der Mittelstand am Ende einen höheren Beitrag zur Beseitigung der Flutschäden zahlen?

Die Verschiebung der Steuerentlastung um ein Jahr trifft alle Einkommensteuerzahler: Anteilseigner von Kapitalgesellschaften bei Ausschüttungen, mittelständische Unternehmer und Arbeitnehmer. Die Einkommensteuer sorgt dabei dafür, dass der Stärkere mehr zu tragen hat als der Ärmere. Das ist sozial ausgewogen. Übrigens: Durch Wiederholungen wird die Aussage der Opposition nicht wahrer, dass der Mittelstand gegenüber den Kapitalgesellschaften in der Steuerreform belastet würde. Die Steuerreform entlastet den Mittelstand ab dem Jahr 2005 um jährlich 16 Milliarden Euro. Der Mittelstand ist bereits ein Gewinner der ersten Stufe der Steuerreform. Demgegenüber gibt es für die Kapitalgesellschaften insgesamt keine Steuerentlastung, da wir viele Schlupflöcher geschlossen haben.

Sind Sie bereit, über eine Mehrbelastung von Kapitalgesellschaften zu sprechen, wenn die Union diese zur Bedingung macht?

Wenn die Union weitere Belastungen einzelner Gruppen zur Finanzierung der Fluthilfen will, dann soll sie klar benennen, welche Vorstellungen sie hat. Noch kenne ich keinen Vorschlag der Union. Grundsätzlich bin ich aber bereit, jeden Vorschlag zu prüfen. Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung. Die Regierung bietet der Opposition die Hand, solidarisch mitzumachen. Ich fordere deshalb die Union auf, sich am Gesetzgebungsverfahren konstruktiv zu beteiligen.

Das Gespräch führte Antje Sirleschtov.

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