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Viele Flüchtling aus dem Nahen Osten und Afrika versuchen über Serbien, wie hier an einer Polizeistation in Presovo, in die EU zu gelangen.

© Djordje Savic/dpa/EPA

Flüchtlinge in Europa: EU-Staaten verfehlen selbstgestecktes Ziel

60.000 Flüchtlinge sollten über Europa verteilt werden - auf freiwilliger Basis der EU-Staaten. Die EU-Innenminister vermelden: Diese Marke wird vorerst nicht erreicht.

Selbst die von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker als "bescheiden" bezeichnete Zahl beschert Europa große Probleme: 60.000 Flüchtlinge sollen über die Gemeinschaft verteilt werden - so hat es seine Behörde Ende Mai vorgeschlagen, so haben es die Staats- und Regierungschefs Ende Juni beschlossenen. Die Umsetzung bereitete den EU-Innenministern bei ihrem Treffen am Donnerstag in Luxemburg jedoch Kopfzerbrechen. Sie verhandelten bis in den Abend hinein darüber, welches Land wieviele Flüchtlinge aufzunehmen bereit ist - und scheiterten. Am 20. Juli soll es in Brüssel einen neuen Anlauf geben.

Beim EU-Gipfel vor zwei Wochen war Junckers Vorschlag einer verpflichtenden Quotenlösung in einer hitzigen Debatte gescheitert. Es blieb nur die Zahl übrig, die auf dem Wege freiwilliger Angebote der Mitgliedstaaten bis Ende Juli erreicht werden soll. Eigentlich sollte bei dem Treffen am Donnerstag eine Entscheidung fallen.

Der Widerstand vor allem osteuropäischer Mitgliedstaaten jedoch ist groß, und wegen der vereinbarten Freiwilligkeit kann niemand sie zu mehr Solidarität zwingen. Jean Asselborn, der Außenminister Luxemburgs, das seit Anfang Juli den EU-Ratsvorsitz innehat, sagte am Abend, es habe zwar "kein Land gegeben, dass keine Solidarität gezeigt hat". Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte jedoch, "einige Mitgliedsländer sind unter ihren Möglichkeiten geblieben". In der Delegation der Bundesregierung, die angesichts der im EU-Vergleich überproportionalen Belastung Deutschlands ursprünglich eine feste Quote gefordert hatte, war mit diesem Zwischenstand überhaupt nicht zufrieden. "Das ist", sagte ein EU-Diplomat, " ein Verstoß gegen den Gipfelbeschluss."

Keine Zusagen an überforderte Länder Südeuropas

Konkret geht es um zwei verschiedene Gruppen von Asylbewerbern. Zum einen sollen 20.000 Menschen über sogenannte Resettlement-Programme direkt aus den Flüchtlingslagern in Afrika und Nahost nach Europa geholt werden. Hier sind die EU-Staaten nach Angaben Asselborns "weit über der Zielmarke gelandet". Zum anderen sollen jedoch auch 40.000 Flüchtlinge den mit dem Zustrom der jüngeren Zeit überforderten Ländern Südeuropas abgenommen und auf die übrigen EU-Staaten verteilt werden. Dabei geht es um 24.000 in Italien gelandete Migranten und 16.000 aus Griechenland. Darauf konnten sich die Innenminister nicht verständigen.

De Maiziére drängt auf Einstieg in "gerechtere Verteilung"

Vor der Sitzung hatte de Maizière noch einmal eindringlich gewarnt, dass Europa "den Einstieg in eine gerechtere Verteilung finden" müsse. Bisher nehmen Deutschland und nur vier weitere Länder rund 75 Prozent aller Flüchtlinge in Europa auf. Sollte es in dieser Frage nicht bald Fortschritte geben und sich die Länder nicht an die sogenannte Dublin-Verordnung halten und Asylbewerber einfach weiterschicken, "werden wir über kurz oder lang auch über den freien Grenzverkehr reden".

In Einzelgesprächen hatte die luxemburgische Ratspräsidentschaft im Vorfeld der Sitzung die einzelnen Angebote der Mitgliedstaaten gesammelt und damit verglichen, wieviele Menschen sie bei einer Quotenlösung hätten aufnehmen müssen. So bot Deutschland de Maizière zufolge 3100 Resettlement-Plätze an; 9000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland würde Deutschland übernehmen. Die Slowakei etwa bot an, 500 bisher in Österreich angesiedelte Flüchtlinge aufzunehmen, nachdem man sich zuvor mit der Regierung in Wien über die Modalitäten geeinigt hatte: "Die Slowakei übernimmt Unterbringung und Versorgung, Österreich die Sozialbetreuung", so die Wiener Ministerin Johanna Mikl-Leitner: "Das ermöglicht der Slowakei hier Solidarität zu zeigen - ein kleiner Schritt mit großer Signalwirkung." Mehrere EU-Staaten haben dieses Signal jedoch noch nicht gehört.

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