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Politik: Europa ganz klein

Villepins Idee einer engen deutsch-französischen Union stößt in Berlin auf Skepsis

Berlin Der Vorschlag einer deutsch- französischen Union auf bestimmten Gebieten, die der neue französische Premier Dominique de Villepin am Mittwoch in seiner Regierungserklärung angesprochen hat, ist in Berlin auf Skepsis gestoßen. „Das ist keine Frage der aktuellen Politik“, sagte Regierungssprecher Béla Anda am Donnerstag. Bei den informellen deutsch-französischen Konsultationen an diesem Freitag in Paris wird es laut Anda ausschließlich um die Reaktion der Europäischen Union auf die gescheiterten Verfassungsabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden sowie um die Finanzplanung der EU gehen. Villepin hatte gefordert, angesichts der Krise der EU neue „Zukunftsaussichten wie die Steuerharmonisierung oder die Union mit Deutschland in zusammen ausgewählten Bereichen“ zu öffnen. Er hatte entsprechende Überlegungen bereits 2003 angestellt.

Der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Günter Gloser, sieht de Villepins Idee mit Skepsis. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, als ob Deutschland und Frankreich sich abschotten“, sagte Gloser dem Tagesspiegel. Der SPD-Politiker verwies außerdem darauf, dass durch den so genannten Nizza-Vertrag bereits die Möglichkeit gegeben sei, dass einzelne Länder in der Zusammenarbeit schneller voranschreiten.

Auch der CDU-Europapolitiker Peter Hintze nahm Villepins Andeutung mit Zurückhaltung auf. Er sei sehr interessiert, was Villepin sich genau darunter vorstelle. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich sei gut, aber derzeit gehe es vor allem darum, die EU zusammenzuhalten. Kerneuropa sei für ihn die Währungsunion, „aber auf einen Mini-Kern zurückzugehen, halte ich für problematisch“, sagte Hintze. Frankreich und Deutschland hätten die Verpflichtung, trotz der negativen Referenden die EU-Verfassung zu retten.

Der europapolitische Sprecher der Grünen, Rainder Steenblock, sieht nach den negativen Referenden eine „besondere Verantwortung“ Frankreichs und Deutschlands „als Motor für eine weitere Vertiefung der Integration zwischen allen Mitgliedstaaten“. Die beiden Länder müssten den Weg aus der Krise weisen. Steenblock forderte, dass das soziale Europa erkennbarer werden müsse. Um der „unfairen Praktik des Steuerdumpings“ einen Riegel vorzuschieben, müssten die Unternehmensteuern europaweit harmonisiert werden.

Der SPD-Politiker Gloser hält eine „Denkpause“ im Ratifizierungsprozess der EU-Verfassung für notwendig. Es müsse ausgelotet werden, warum es so eine ablehnende Stimmung gebe. „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte er. Zuvor hatten auch Europaparlamentarier aller Fraktionen eine solche Pause gefordert. Die Konservativen im Straßburger Parlament hatten zudem vorgeschlagen, weitere Referenden über die EU-Verfassung auszusetzen. Hintze empfahl, sich an den beschlossenen Weg zu halten. Zumindest aber solle man die „ratifizierungswilligen Länder auch ratifizieren lassen“. ce/afk/dpa

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