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Politik: Ex-Chefermittler Schaefgen: Man könnte von einer Geisterdebatte sprechen

Christoph Schaefgen war bis Oktober 1999 als Generalsstaatsanwalt in Berlin zuständig für Regierungs- und Vereinigungskriminalität. Mit ihm sprach Bernd Matthies.

Christoph Schaefgen war bis Oktober 1999 als Generalsstaatsanwalt in Berlin zuständig für Regierungs- und Vereinigungskriminalität. Mit ihm sprach Bernd Matthies.

Der Bundesgerichtshof hat die Urteile des Landgerichts bestätigt, Krenz, Schabowski und Kleiber müssen ins Gefängnis. Ist das für Sie ein Grund zur Freude?

Freude - das wäre das falsche Wort. Aber eine gewisse Zufriedenheit spüre ich schon darüber, dass unsere Auffassung über die fortbestehende Verantwortung der Angeklagten für die Todesschüsse bestätigt ist.

Würden Sie diesen Angeklagten zubilligen, dass sie im Laufe der Jahre dazugelernt und ihre Haltung verändert haben?

Im Falle von Günter Schabowski ist das wohl so. Ich habe beobachtet, wie er sich am Sonntag im Fernsehen geäußert hat und meine, dass darin eine andere Sicht der Dinge zum Ausdruck kommt als früher. Aber die Haltung Schabowskis ist in gewisser Weise auch im Urteil des Landgerichts berücksichtigt worden, und deshalb war das kein Grund zu einer erneuten Würdigung.

Aber der BGH hat sich nicht Ihrer Auffassung angeschlossen, dass Egon Krenz höher bestraft werden müsse.

Das ist richtig. Ich meine nach wie vor, dass die besondere persönliche Schuld von Egon Krenz größer ist, als es das Strafmaß von sechs Jahren erkennen lässt.

Hätte man nicht umgekehrt zehn Jahre nach der Wende die Chance nutzen sollen, durch ein milderes Urteil einen Beitrag zur innerdeutschen Aussöhnung zu leisten?

Dafür sehe ich überhaupt keinen Grund. Inhaltlich hat die Rechtsprechung nämlich schon immer etwas Ähnliches getan, weil sie die Delikte der Staats- und Regierungskriminalität stets sehr milde beurteilt hat. Und die Auffassung der Bevölkerung gibt für einen solchen Ansatz nichts her, denn schon nach dem Urteil 1997 haben Umfragen ergeben, dass die große Mehrheit der Deutschen das bisherige Vorgehen für richtig hält. Wie wollen Sie den Opfern der DDR-Willkür, die sich aus gutem Grund für den Rechtsstaat entschieden haben, verständlich machen, dass dieser Rechtsstaat nicht mehr bereit ist, dieses Unrecht zu ahnden?

Wo könnte eine Amnestie in Sachen DDR-Unrecht überhaupt sinnvoll ansetzen?

Nirgendwo. Denn am 2. Oktober kommenden Jahres verjähren alle einschlägigen Delikte mit einer Strafandrohung bis zu fünf Jahren, also unterhalb des Totschlags, sofern es bis dahin kein Urteil gibt. Und Lothar de Maiziére selbst will ja Folter und Mord von einer Amnestie in jedem Fall ausnehmen. Ob er damit auch Totschlag gemeint hat, also das Delikt, das beispielsweise Egon Krenz zur Last gelegt wurde, weiß ich nicht, es würde mich freuen. Aber nur noch wenige von der Verjährung betroffene Verfahren sind unerledigt. Eine Amnestie hätte von ihrer Bedeutung her keine befriedende und faktisch nur eine deklaratorische Wirkung.

Also eine Geisterdebatte?

Das könnte man so sagen.

Der B, esgerichtshof hat die Urteile des Landgeri

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