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Populär. Der Dalai Lama möchte trotz seiner Beliebtheit bei den Tibetern nicht an seiner Entscheidung rütteln, als politisches Oberhaupt zurückzutreten. Er wolle nicht wie der ehemalige ägyptische Staatschef Mubarak sein, begründete er seinen Schritt. Foto: AFP

© AFP

Exil-Tibeter: Tibeter drängen Dalai Lama zum Bleiben

Das geistliche Oberhaupt will seine Macht abgeben, obwohl das Exilparlament ihn halten möchte.

Als der Dalai Lama vor zwölf Tagen verkündete, dass er seine politische Macht abgeben will, musste Lobsang Sangay erstmal kräftig schlucken. „Wow, habe ich gedacht. Diese gigantischen Schuhe wird niemand ausfüllen können.“ Sangay könnte nun der politische Erbe des Dalai Lama werden: Am Sonntag waren etwa 85 000 wahlberechtigte Exiltibeter weltweit aufgerufen, einen neuen Regierungschef, Kalon Tripa genannt, zu wählen. Und der 43-jährige Jurist gilt als Favorit unter den drei Kandidaten.

Doch noch sträuben sich die Exiltibeter dagegen, den Dalai Lama überhaupt ziehen zu lassen. Das Exilparlament hatte sich in der vergangenen Woche geweigert, ihn nach 60 Jahren von seinen politischen Aufgaben zu entbinden. In einer Resolution baten die Abgeordneten ihn, ihr politischer Führer zu bleiben. Doch diesmal will sich Seine Heiligkeit offenbar nicht breitschlagen lassen. Man habe die Resolution zurück ans Parlament geschickt, erklärte sein Sprecher.

Der Dalai Lama machte am Wochenende klar, dass an seiner Entscheidung nicht zu rütteln ist. „Es ist nicht gut, dass der Dalai Lama die absolute Macht hat“, mahnte der 75-Jährige. Solche Zeiten seien überholt. „Ich möchte nicht wie Mubarak sein.“ Für die Tibeter bedeutet sein Rückzug das Ende einer Ära. Über 400 Jahre haben die Dalai Lama die weltliche und spirituelle Macht auf sich vereint. Mit seinem Schritt will Tenzin Gyatso sein Volk für die Zeit nach seinem Tod wappnen und ein Machtvakuum verhindern. Bis dahin will er aber spirituelles Oberhaupt bleiben.

Mit seinem Rückzug bekommt auch die Abstimmung über ein neues Parlament und einen neuen Exil-Premierminister, deren Resultat Ende April erwartet wird, ein neues Gewicht. Bisher stand der Regierungschef völlig im Schatten des Gottkönigs. Nun soll der Regierungschef die politische Führung übernehmen. Dabei dürfte ihm der Dalai Lama aber als Berater zur Seite stehen. „Er wird immer mein Oberhaupt bleiben“, sagte Sangay in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Er ist ein brillanter Führer, der seiner Zeit voraus ist.“ Langfristig werde die Entscheidung des Dalai Lama, die politische Macht an eine gewählte Regierung zu übertragen, den Tibetern und ihrem Anliegen nutzen. Aber emotional seien viele Menschen noch nicht so weit, ihn gehen zu lassen.

Der Jurist Sangay arbeitete bisher an der renommierten Harvard Law School in den USA. Sollte Sangay gewählt werden, will der Vater einer vierjährigen Tochter in die indische Himalaya-Kleinstadt Dharamsala umziehen, wo die Exilregierung ihren Sitz hat.

Mit Blick auf den Tibetkonflikt setzt Sangay derweil auf Dialog, nicht auf Gewalt. Dazu will er den Austausch auch zwischen normalen Chinesen und Tibetern verstärken. Bereits in den vergangenen Jahren organisierte Sangay immer wieder Konferenzen mit chinesischen Gelehrten. Auch sei er bereit, Gespräche mit der chinesischen Führung aufzunehmen, kündigte er an. Doch bisher scheitere es an deren Nein. „Der Ball liegt bei den Chinesen“, sagt Sangay.

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