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Ein Mann hält eine 9mm-Pistole in der Hand.

© Daniel Karmann / DPA

Exklusiv

Kleinwaffen der deutschen Rüstungsindustrie: Exportwert über Hamburger Hafen 20-fach gestiegen

100.000 gewaltsam getöteten Menschen weltweit sterben durch Kleinwaffen. Deutschland hat daher scharfe Exportregeln – führt aber zugleich immer mehr aus.

Die Exporte von Kleinwaffen über den Hamburger Hafen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. 2017 wurden über diesen Weg Revolver und Pistolen im Wert von 500.000 Euro exportiert, 2018 im Wert von fünf Millionen und 2019 von mindestens 11,5 Millionen. Das geht aus den Antworten des für den Zoll zuständigen Bundesfinanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen. Die Zielländer der Kleinwaffen werden in den Antworten nicht genannt.

Als „Kleinwaffen“ gelten neben Pistolen und Revolvern auch Gewehre, ebenso Maschinenpistolen und leichte Maschinengewehre. Nach Angaben der Vereinten Nationen sterben jährlich etwa 200.000 Menschen durch den Einsatz von Kleinwaffen. Das entspricht etwa der Hälfte aller gewaltsamen Tode weltweit. Mit Heckler & Koch ist einer der bekanntesten Kleinwaffenproduzenten der Welt in Deutschland ansässig.

Deutschland mit strengen Exportregeln

Erst kürzlich hat das Kabinett eine neues Strategiepapier zur „Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“ verabschiedet. Darin bekennt sich die Bundesregierung zu einer „zurückhaltenden und verantwortungsvollen Rüstungsexportkontrollpolitik“. Dem Export in sogenannte „Drittländer“, also der Lieferung von Kleinwaffen in Länder außerhalb von Nato und EU, hat sie einen Riegel vorgeschoben. Wörtlich heißt es in dem Papier: „Exporte, insbesondere in EU-, Nato- und Nato-gleichgestellte Länder, liegen im sicherheits- und verteidigungspolitischen Interesse Deutschlands.“ Auch im Juli 2019 hatte die Bundesregierung sich bereits strengere Regeln für die Genehmigung von Rüstungsexporten gegeben.

Grundsätzlich ist für die Ausfuhr von Feuerwaffen, deren Teile, sowie Munition laut EU-Verordnung eine Genehmigung erforderlich. Zuständig für die Erteilung der Ausfuhrgenehmigungen ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). „Der Zoll überwacht, ob ausgeführte Waren Verboten oder Beschränkungen unterliegen und führt risikoorientierte Kontrollen durch“, teil ein Sprecher der Generalzolldirektion auf Anfrage mit. „Werden Waffen zur Ausfuhr angemeldet, überprüft der Zoll in jedem Fall, ob alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen und führt risikoorientiert weitere Kontrollmaßnahmen durch.“

Hauptempfänger Norwegen und Lettland

Die stark gestiegenen Exporte von Kleinwaffen über den Hamburger Hafen spiegeln einen größeren Trend wider: 2019 genehmigte die Bundesregierung insgesamt die Ausfuhr von deutlich mehr Klein- und Leichtwaffen als 2018. Bis Mitte November wurden Exporte von Kleinwaffen im Gesamtwert von 59,62 Millionen Euro genehmigt – ein Anstieg von 53 Prozent.

Allerdings: Hauptempfänger der deutschen Klein- und Leichtwaffen insgesamt waren im zweiten Halbjahr 2019 die Nato-Staaten Norwegen (rund 22 Millionen Euro) und Lettland (circa 12 Millionen Euro). Exporte in Drittländer genehmigte die Bundesregierung nach eignen Angaben nicht.

Die Menschenrechtspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Zaklin Nastic, fordert ein generelles Verbot des Exports von Waffen und Munition über den Hamburger Hafen. „Der explosionsartige Anstieg des Exports von Kleinwaffen über den Hamburger Hafen ist besorgniserregend“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Der immer weiter steigende Export von Kleinwaffen lässt sich nicht mit Hamburgs Rolle als Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt, wie in der Präambel der Verfassung festgeschrieben, in Einklang bringen.“

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