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Politik: Falsch behandelt?

Die vier Menschen, die nach den terroristischen Milzbrandattacken in den USA gestorben sind, könnten möglicherweise noch leben, wenn sie richtig behandelt worden wären. Dies vermuten Experten der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore.

Die vier Menschen, die nach den terroristischen Milzbrandattacken in den USA gestorben sind, könnten möglicherweise noch leben, wenn sie richtig behandelt worden wären. Dies vermuten Experten der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore. Wie die "Washington Post" jetzt berichtet, wurden die an Lungenmilzbrand erkrankten Patienten mit dem Medikament "Levaquin" behandelt, das für diese Therapie gar nicht zugelassen war. Das Antibiotikum konnte die Krankheit auch nicht stoppen, die Infizierten starben.

Zum Thema Foto-Tour: Milzbrand weltweit Online Spezial: Bio-Terrorismus Stichwort: Milzbrand Hintergrund: Seuchenexperten Web-Link: Robert-Koch-Institut Als einziges Medikament war damals das Bayer-Präparat "Ciprobay" gegen Lungenmilzbrand zugelassen. Seit die amerikanischen Gesundheitsbehörden Ciprobay ausdrücklich zur Therapie der lebensgefährlichen Infektion empfehlen, sind keine weiteren Todesfälle bekannt geworden.

"Ciprobay mit dem Wirkstoff Ciprofloxacin ist das einzige zugelassene Medikament gegen Milzbrand-Bakterien", erklärt Bayer-Sprecher Michael Diehl. Zumindest war dies zum Zeitpunkt der ersten Terroranschläge so. Mittlerweile hätten auch Medikamente, die den Wirkstoff Doxycyclin enthalten, eine Zulassung bekommen. Allerdings sollten diese Antibiotika erst eingesetzt werden, wenn die Infizierten eine Zeit lang "Ciprobay" bekommen hätten. Dies liegt nach Angaben von Diehl daran, dass das Bayer-Produkt als einziges Breitband-Antibiotikum gegen sämtliche Erreger des Lungenmilzbrands wirkt.

Sobald der Erregertyp feststeht, ist nach fünftägiger Therapie der Umstieg auf das,so Diehl, ältere Antibiotikum möglich. Diese Wechseltherapie macht derzeit deshalb Sinn, weil es sich bei den Doxycyclin-Produkten um preiswerte "Generica", also Nachahmerpräparate handelt. Außerdem würden die Vorräte an Ciprobay derzeit bei einer Masseninfektion nicht ausreichen, obwohl der Pharmakonzern die weltweite Produktion um 25 Prozent gesteigert hat.

Ohne diese Zwänge würden die Betroffenen wahrscheinlich die durchgehende Therapie mit dem Bayer-Produkt vorziehen. Denn nur für "Ciprobay" liegen ausreichende klinische Studien und aussagekräftige Ergebnisse von Tierversuchen vor. Als Nebenwirkungen können bei etwa jedem zwanzigsten Patienten Magendrücke, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall auftreten. Auch Kopfschmerzen oder Müdigkeit sind gelegentlich zu beobachten.

Ob die vier Toten tatsächlich einer falschen Behandlung zum Opfer gefallen sind, ist allerdings noch unklar. Einige Experten meinen, die Patienten seien einfach zu spät ins Krankenhaus gekommen. Ein Biowaffenexperte der Johns-Hopkins-Universität und ein behandelnder Arzt verlangen dagegen weitere Studien über "Levaquin".

Derzeit brauchen die Ärzte allerdings kein Risiko einzugehen. Bis Jahresende liefert Bayer 100 Millionen Tabletten in die USA - theoretisch würde diese Menge für die fünftägige Behandlung von zehn Millionen Infizierten genügen.

Paul Janositz

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