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Politik: Falscher Kurs

Von Bernd Hops

Klaus Zumwinkel tritt vergnügt vor die Kameras. Ja, das Ziel ist erreicht, sagt der Postchef. Die Aktien sind verkauft. Das Frankfurter Börsenparkett ist für einen Tag gelbblau. Der zufriedene Auftritt Zumwinkels liegt vier Jahre zurück. Damals hat er die Deutsche Post an die Börse gebracht. Am kommenden Mittwoch wird zwar die Post-Tochter Postbank diesen Sprung auch schaffen. Bloß hat jeder, der sich blamieren konnte, in den vergangenen Wochen die Gelegenheit dazu auch genutzt.

Dabei sind sich alle an den Finanzmärkten einig, dass die Postbank solide ist – ein Unternehmen mit Gewinn, kleinem Risiko und guten Aussichten. Es würde sich lohnen, Anteile zu kaufen. Deshalb hätte es ein Leichtes sein müssen, die Postbank an die Börse zu bringen. Das, was der Ankündigung aber folgte, war eine monatelange Finanzposse, wie sie in Deutschland so noch nicht aufgeführt wurde. Die drei Hauptdarsteller: Zumwinkel, die Deutsche Bank und der Bund.

Am schlechtesten sah die Deutsche Bank aus. Sie war hauptverantwortlich dafür, die Anleger international von einem Engagement bei der Postbank zu überzeugen und für die Post herauszufinden, wie viel deren Tochter an der Börse wert sein könnte. Dumm nur, dass die Deutsche Bank plötzlich selbst Interesse an der Postbank entwickelte. In einem internen Deutsche-Bank-Papier wurde der Wert der Postbank überraschend niedrig angesetzt. Als das durchsickerte, war der Börsengang zu den ursprünglichen Bedingungen nicht mehr zu retten. Wieso sollten Anleger mehr Geld für die Postbank-Aktie zahlen als die Deutsche Bank, die nach der Post selber den besten Einblick bei dem Institut gehabt hat?

In das Hin und Her musste sich dann auch noch der Bundeskanzler einschalten. Gerhard Schröder hätte gerne die Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank gesehen: ein großer Schritt auf dem Weg zum gewünschten Finanzchampion in und aus Deutschland. Die Post hätte einen großen Batzen Geld kassiert, was sicher nicht zum Schaden des Bundes als Großaktionär gewesen wäre. Doch auch den Börsengang sah Schröder mit Wohlwollen. Schließlich soll der mehr Leben und vor allem Zuversicht an die Börse bringen. Gerade Optimismus ist das, was den Deutschen für einen Aufschwung fehlt.

Postchef Zumwinkel war klar, was sich Schröder wünschte. Er selber betonte jedoch immer wieder, dass er seine Tochter Postbank nicht verschleudern wollte. Auch nicht, um die Rolle des Börsenretters zu spielen. Schließlich ist der Schuldenstand der Post komfortabel. Der Konzern kann auch gut ohne die Einnahmen aus dem Börsengang leben. Der Druck aus Berlin blieb aber bis zuletzt spürbar. Außerdem schätzte Zumwinkel den Imageverlust für die Post, der bei einem Stopp in letzter Sekunde eingetreten wäre, offenbar als zu hoch ein. Trotzdem wäre eine Absage des Börsendebüts angesichts der Querelen doch die sauberste Lösung gewesen.

Was nicht mehr abgesagt werden muss, ist das Börsenjahr 2004. Das ist nun endgültig gelaufen. Da hilft auch die Notlösung mit den so genannten Umtauschanleihen nichts. Die Postbank sollte nach einer Reihe anderer verpatzter Börsengänge den Eisbrecher spielen. Sie ist sehr ramponiert aus dem Packeis herausgekommen. So manche Unternehmen werden sich sehr genau überlegen, ob sie sich in die gleiche Gefahr begeben wollen – und wenn, dann sicher nicht so schnell wieder mit der Deutschen Bank als Navigator.

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