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Familienförderung: Wird Kinderbetreuung stärker absetzbar?

Die SPD will die Kosten für Kinderbetreuung bereits vom ersten Euro an steuerlich absetzbar machen. Dies läuft aber den bisherigen Absprachen mit dem Koalitionspartner CDU/CSU entgegen.

Berlin/Mainz - SPD-Chef Matthias Platzeck kündigte dazu nach einer SPD-Vorstandsklausur in Mainz Gespräche mit der Union an. Damit kämen auch Geringverdiener und Alleinerziehende in den Genuss der neuen Familienförderung.

Der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Johannes Singhammer (CSU), zeigte sich überrascht, sieht darin aber «keinen familienpolitischer Grundsatzstreit». Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) müsse jetzt neue Berechnungsmodelle für die Steuerentlastung vorlegen, sagte er der dpa. Zur Finanzierung will die SPD die Höchstgrenzen für die Abschreibung nicht so stark ausweiten wie geplant.

Der ursprüngliche Koalitionskompromiss, über den sich CDU, CSU und SPD erst vor einer Woche in Genshagen verständigt hatten, sah bei Kindern unter sechs Jahren die Absetzbarkeit von Betreuungskosten erst ab 1000 Euro pro Jahr vor. Das Konzept sollte am Mittwoch vom Kabinett als Gesetzentwurf beschlossen werden. Dies ist jetzt offen.

Platzeck sagte, es habe über die 1000-Euro-Grenze in der SPD «intensive Debatten» und einen «Lernprozess» gegeben. Auch zahlreiche Familienorganisationen hatten dies als unsozial kritisiert. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) war ursprünglich ebenfalls für die Absetzbarkeit vom ersten Euro an eingetreten, hatte sich aber damit gegen konservative Familienpolitiker aus der Union nicht durchsetzen können. Diese drängen auf stärkere Hilfen auch für Familien, in denen nicht beide Elternteile erwerbstätig sind.

Bisher waren bei der Abschreibung der Betreuungskosten 4000 Euro pro Jahr als Höchstgrenze vorgesehen. Einen neuen Betrag nannte die SPD noch nicht. Die für das Programm vorgesehene Gesamtsumme des Bundes in Höhe von 460 Millionen Euro soll nicht überschritten werden.

Singhammer sagte: «Wenn die SPD jetzt offensichtlich eine neue Grundlinie verfolgt, dann muss sie auch eine Formel finden, bei der Eltern mit nur einem Einkommen oder Alleinerziehende berücksichtigt werden.» Grünen-Chef Reinhard Bütikofer begrüßte den SPD-Vorstoß. «Die Vorstellung, dass man bei kleinen Kindern die Absetzbarkeit erst ab 1000 Euro gelten lassen will, hatte immer soziale Schieflage.» FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte, der Koalition fehle nach wie vor ein Konzept zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die SPD strebt nach den Worten von Platzeck zudem langfristig einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab einem Alter von zwölf Monaten an. Die Forderung ist Teil des in Mainz von der SPD-Führung beschlossenen Zukunftsprogramms für ihre Arbeit in der großen Koalition. Die Aufwendungen des Staates für Familien und für Bildung müssten deutlich erhöht werden, heißt es darin. Plädiert wird für eine neue Prioritätensetzung zu Gunsten der Kinder. Vorbild seien dabei die skandinavischen Länder, die nach grundlegenden Reformen des Sozialstaates heute über höchste Erwerbsquoten und über höchste Geburtenraten verfügten.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und SPD-Parteivize Kurt Beck sieht in dem Ausbau der Kinderbetreuung und mehr Ganztagsschulen eine «familienpolitische Einheit». Eltern benötigten «ein Stück Verlässlichkeit». Rheinland-Pfalz gilt bundesweit als Vorreiter beim Ausbau der Ganztagsschulen. (tso/dpa)

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