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Bouteflika wurde 84 Jahre alt.

© Fayez Nureldine/AFP

Fast 20 Jahre lang an der Macht: Algeriens Ex-Präsident Bouteflika ist tot

Wegen ihm erlebte das größte Land Afrikas heftige Massenproteste, zugleich war er wichtiger Partner des Westens. Nun ist der Ex-Langzeitmachthaber gestorben.

Algeriens früherer Staatschef Abdelaziz Bouteflika ist nach schwerer Krankheit im Alter von 84 Jahren gestorben. Das berichtete das algerische Staatsfernsehen in der Nacht zum Samstag.

Die Massenproteste gegen den langjährigen Präsidenten hatten das größte afrikanische Land 2019 in eine tiefe politische Krise gestürzt. Vorher hatte Bouteflika das Land seit 1999 für vier aufeinanderfolgende Amtszeiten regiert.

Seit seinem Rücktritt hatte er sich in seiner Residenz in Zeralda westlich von Algier aufgehalten. Der private TV-Sender El Hayet berichtete, Bouteflika sei um 22 Uhr (Ortszeit) in seiner Residenz gestorben.

Der Ex-Präsident war seit Jahren gesundheitlich schwer angeschlagen. Bereits 2013 hatte sich der nach einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzende Bouteflika weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Bei seiner Rücktrittserklärung am 2. April wurde er das letzte Mal im Fernsehen gesehen. Selbst die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel musste 2017 einen Besuch in letzter Sekunde absagen, weil es der Gesundheitszustand Bouteflikas nicht zuließ.

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Das letzte offizielle Lebenszeichen gab es von ihm, als sein Bruder Nacer bei der Präsidentschaftswahl am 12. Dezember 2019 die Stimme für Bouteflika abgab. Damals wurde Abdelamadjid Tebboune zum neuen Staatschef Algeriens gewählt.

Massenproteste gegen erneute Kandidatur

Bouteflika wurde 1999 zum Staatschef gewählt und überstand auch zunächst die Proteste in der arabischen Welt 2011. Im Westen galt er als verlässlicher Partner im Kampf gegen den Terror, in Algerien selbst sollte er das Land nach einem blutigen Jahrzehnt des Bürgerkrieges wieder versöhnen - was ihm mit Hilfe des Militärs und politischer Netzwerke auch zunächst gelang.

Mehr und mehr wurde aber Widerstand gegen Bouteflika laut. Als er trotzdem ankündigte, im Frühjahr 2019 für eine fünfte Amtszeit kandidieren zu wollen, entlud sich der Zorn in Algerien.

Im Frühjahr 2019 verhinderten Massenproteste eine fünfte Amtszeit Bouteflikas als Präsident.

© Ryad Kramdi/AFP

Massenproteste mit Millionen Teilnehmenden waren die Folge. Die Demonstranten forderten dabei seinen Abschied aus der Regierung. Das Militär entzog ihm schließlich die Unterstützung und Bouteflika trat wenige Tage vor Ende seiner vierten Amtszeit zurück.

Die Proteste in Algerien hielten jedoch an. Im Nachfolger Tebboune an der Staatsspitze und der Regierung sehen die Demonstranten die Fortsetzung der alten Machtelite Bouteflikas.

Sein Rücktritt ließ jedoch Raum für neue Machtkämpfe: Der jüngere Bruder und Berater des Präsidenten, Said Bouteflika, der vielen Beobachtern als potenzieller Nachfolger galt, wurde ebenso verhaftet wie viele Wirtschaftsbosse algerischer Unternehmen. Die Wirtschaftslage verbesserte sich auch nach dem Abgang Bouteflikas zunächst nicht.

Regierungsstil als „Phantom“

Nach Meinung politischer Beobachter war das Handeln Bouteflikas von drei großen Leitlinien bestimmt: der Beendigung des Bürgerkriegs, der Beendigung der internationalen Isolation Algeriens sowie der Einschränkung der Macht der Militärs. Von diesen selbst gestellten Aufgaben konnte er zumindest bei den ersten beiden Erfolge erzielen.

Vielen Algeriern galt er als der Mann, dem sie das Ende der „nationalen Tragödie“ verdankten. Damit sind die Jahre des gewaltsamen Konflikts zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten islamistischen Gruppen gemeint.

Seit einem Schlaganfall 2013 saß im Rollstuhl.

© Sidali Djarboub/AP/dpa

Dringend nötige wirtschaftliche Reformen vernachlässigte er allerdings, und auch einen demokratischen Wandel - der ab 2011 die Nachbarländer im Zuge des Arabischen Frühlings erfasste - ließ der von seinen Gegnern als Marionette des Militärs geschmähte Bouteflika nicht zu.

Die Parlamentswahl im Mai 2012 gewann Bouteflikas Partei Nationale Befreiungsfront (FLN) mit deutlichem Vorsprung. Er selbst blieb fest im Sattel und regierte weiter mit harter Hand. Auch aus seiner vierten Präsidentschaftswahl 2014 ging Bouteflika als klarer Sieger hervor. Seine letzte Zeit verbrachte Bouteflika so, wie er in den letzten Jahren auch regiert hatte: als „Phantom“.

Auch gegen die Regierung von Präsident Tebboune, der im Dezember 2019 als Bouteflikas Nachfolger gewählt wurde, kam es wiederholt zu Massenprotesten. Dabei forderten Tausende einen echten politischen Wandel und ein Ende von Korruption und Misswirtschaft.

Heute gilt Algerien, wo in den 1990er Jahren ein erbitterter Bürgerkrieg herrschte, insgesamt als verhältnismäßig stabil. (dpa, AFP)

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