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Politik: Festnahme an der Gangway

Drei Terrorverdächtige in Großbritannien gefasst – zwei von ihnen wollten gerade nach Pakistan ausreisen

Von Markus Hesselmann

Die Polizei schlug am Flughafen zu. Zwei Terrorverdächtige sind am Donnerstag in Manchester festgenommen worden, als sie gerade an Bord eines Flugzeugs in Richtung Pakistan gehen wollten. Einen weiteren Verdächtigen verhaftete die Polizei kurz darauf in Leeds. Den Männern wird vorgeworfen, in die Sprengstoffanschläge vom 7. Juli 2005 verwickelt zu sein. Damals hatten sich vier Selbstmordattentäter in der Londoner U-Bahn und in einem Bus in die Luft gesprengt. 52 Menschen starben.

Offenbar hatten britische Antiterrorermittler die drei Männer asiatischer Herkunft seit einiger Zeit im Visier. Die Verdächtigen, 23, 26 und 30 Jahre alt, kommen aus Leeds und sollten wohl zunächst noch weiter beobachtet werden. Als sich dann zwei von ihnen ins Ausland absetzen wollten, schritt die Polizei ein. Laut der Zeitung „The Guardian“ sehen die Ermittler die Verdächtigen aber nicht als Bombenbauer oder potenzielle Selbstmordattentäter. Stattdessen könnten sie finanzielle Hilfen oder Unterkünfte für die Attentäter organisiert haben. „Die drei Männer sind unter dem Verdacht der Beauftragung, Vorbereitung oder Anstiftung von terroristischen Akten nach dem Terrorismusgesetz von 2000 festgenommen worden“, teilte Scotland Yard mit.

Unter dem Eindruck des internationalen islamistischen Terrorismus hatte Großbritannien vor sieben Jahren damit begonnen, Gesetze zu verschärfen. Der sogenannte Terrorism Act ist dann über die Jahre um immer neue terroristische Tatbestände erweitert worden, zum Beispiel Propaganda, Training oder Anstiftung. Terrorverdächtige können in Großbritannien bis zu 28 Tage für Verhöre in Untersuchungshaft gehalten werden.

Immer wieder kritisieren islamische Organisationen die neuen Gesetze und die häufigen Festnahmen. Anfang März hatte das britische Innenministerium bekannt gegeben, dass seit den New Yorker Attentaten vom 11. September 2001 insgesamt 1166 Terrorismusverdächtige in Großbritannien festgenommen worden seien. Knapp ein Fünftel davon wurde dann auch wegen terroristischer Aktivitäten angeklagt, 40 wurden schließlich von Gerichten verurteilt.

Daraufhin beschwerte sich der Muslimische Rat von Großbritannien. „Wir unterstützen gesetzliche Maßnahmen für die öffentliche Sicherheit“, sagte Muhammad Abdul Bari, Generalsekretär des Muslimrats. „Aber diese Zahlen legen nahe, dass es zu viele Festnahmen ohne ausreichende Beweise gibt.“ Das Vertrauen in Recht und Gesetz nehme rapide ab. Im direkten Zusammenhang mit den Attentaten vom 7. Juli 2005 hatte es bislang nur zwei Festnahmen gegeben. In beiden Fällen bestätigte sich der Tatverdacht nicht.

Wenn die Polizei mit Antiterroreinheiten in größtenteils von Muslimen bewohnte Stadtteile einrückt, Straßen sperrt und Häuser versiegelt, dann empfinden das viele muslimische Briten als Provokation. Auch gestern gab es in London und Leeds, auch Heimatstadt der Bomber des 7. Juli, wieder Durchsuchungen. Die Polizei legte aber Wert auf die Feststellung, dies sei keine „high profile operation“. Es habe keine Straßensperren gegeben. „Wir suchen auch nicht nach Feuerwaffen oder bombenfähigen Materialien“, sagte ein Sprecher.

Während die drei Verdächtigen im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Paddington Green verhört werden, stehen sechs weitere Terrorverdächtige vor Gericht. Im Prozess um die vereitelten Anschläge vom 21. Juli 2005 gab es am Freitag eine Wende. Bislang hatten die Angeklagten behauptet, sie hätten niemanden töten, sondern nur einen Großalarm auslösen wollen. Ihre Bomben seien nicht funktionsfähig gewesen. Einer der Angeklagten änderte nun seine Verteidigungsstrategie und beschuldigte den mutmaßlichen Anführer der Gruppe, er habe einen Londoner Wohnblock in die Luft sprengen wollen. Die Explosion habe „größer und besser“ sein sollen als die Anschläge vom 7. Juli.

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