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Politik: Festnahme eines Kurdenführers überschattet Fischers Türkei-Besuch

ISTANBUL . Fünf Monate nach der Entführung des PKK-Chefs Abdullah Öcalan aus Kenia hat der türkische Geheimdienst am Mittwoch abermals einen Funktionär der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Ausland gefangengenommen und in die Türkei gebracht.

ISTANBUL . Fünf Monate nach der Entführung des PKK-Chefs Abdullah Öcalan aus Kenia hat der türkische Geheimdienst am Mittwoch abermals einen Funktionär der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Ausland gefangengenommen und in die Türkei gebracht. Wie der Geheimdienst in Ankara mitteilte, handelt es sich um den stellvertretenden Vorsitzenden der PKK-Auslandsorganisation in Europa, Cevat Soysal. Er ist nach deutschen Angaben in der Bundesrepublik als Asylant anerkannt und hatte Reisepapiere. Die russische Agentur Itar-Tass meldete, daß Soysal in Moldawien festgenommen worden sei. Die Nachricht kurz vor der Ankunft von Außenminister Fischer zu politischen Gesprächen in der Türkei.Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministeriums hat Soysal seit 1995 politisches Asyl in Deutschland. Nach Erkenntnissen des Düsseldorfer Innenministeriums war Soysal unter dem Decknamen "Mehmet Hodcha" Mitglied der Europaleitung der PKK in Brüssel. Die PKK teilte dazu am Mittwoch mit, der in Deutschland anerkannte Asylant sei lediglich Mitglied ihrer Organisation. Er sei bereits vor knapp einer Woche in Moldawien von staatlichen Sicherheitskräften festgenommen worden.Auch PKK-Kennern in der Türkei war der Name Soysals bisher kein Begriff. Nach türkischen Informationen wurde der 1962 im südostanatolischen Batman geborenePKK-Mann 1979 in der Türkei wegen vierfachen Mordes zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, wegen seines jugendlichen Alters aber bereits nach sechs Jahren freigelassen. Danach floh er offenbar nach Deutschland, wo er politisches Asyl erhielt.Soysal wurde nach seiner Überstellung in die Türkei in Ankara inhaftiert und verhört. Nach Darstellung des türkischen Geheimdienstes soll es sich um einen hochrangigen PKK-Funktionär handeln, der nur dem Europa-Chef der Rebellenorganisation unterstand und für die Rekrutierung in Europa und im Nahen Osten zuständig war. Ministerpräsident Ecevit bezeichnete Soysal gar als "Nummer Zwei der PKK in Europa".Unterschiedliche Darstellungen gab es auch zum Hergang der Festnahme. Während Regierung und Geheimdienst erklärten, Soysal sei "auf Reisen" in Europa von türkischen Agenten gefaßt worden, gab die PKK an, er sei in Moldawien von den dortigen Behörden festgesetzt und den Türken übergeben worden. Soysal trug bei seiner Festnahme einen deutschen Reiseausweis bei sich, der von der Stadt Mönchengladbach abgestempelt war. Ihm droht nun die Anklage und Verurteilung nach Artikel 125 des türkischen Strafgesetzes wegen Hochverrats und damit ebenso wie PKK-Chef Abdullah Öcalan die Todesstrafe.Nach der Festnahme des PKK-Funktionärs Soysal wurden die Schutzmaßnahmen für moldawische Einrichtungen in Berlin erhöht. An anderen gefährdeten Gebäuden sei der Schutz nicht noch weiter verstärkt worden, hieß es am Mittwoch in Sicherheitskreisen der Hauptstadt.Am Mittwoch nachmittag traf unterdessen Außenminister Fischer in Istanbul zu seinem zweitägigen Türkei-Besuch ein. Aus gut unterrichteten Koalitionskreisen hieß es dazu in Bonn, Voraussetzung für eine Verbesserung der Beziehungen sei der Verzicht Ankaras auf Vollstreckung der Todesstrafe gegen Kurdenführer Öcalan.

SUSANNE GÜSTEN

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