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Finanzen: Mehrwertsteuererhöhung kommt

Der Bundestag hat die umstrittene Erhöhung der Mehrwertsteuer für Anfang 2007 gebilligt. Gegen den Widerstand von Wirtschaft und Opposition stimmten die Abgeordneten der großen Koalition endgültig für die Anhebung.

Berlin - Die größte Steuererhöhung der Nachkriegsgeschichte ist vom Bundestag beschlossen: Mit den Mehreinnahmen aus der Anhebung von 16 auf 19 Prozent will die große Koalition auch den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung senken. Der Großteil soll aber zur Sanierung der Haushalte von Bund und Ländern genutzt werden. Der Bundesrat soll am 16. Juni entscheiden. Die Zustimmung der Länderkammer gilt als sicher.

Neben der höheren Mehrwertsteuer müssen sich Pendler, Kleinsparer sowie Familien mit älteren Kindern von 2007 an auf zusätzliche Belastungen einstellen. Dies sehen weitergehende Pläne der Koalition vor, die noch verabschiedet werden sollen.

Sollten sich am 16. Juni Länderregierungen mit Beteiligung der FDP und Linkspartei enthalten, reicht dies nicht, um die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu kippen. Wirtschaft und Opposition warnten erneut vor negativen Auswirkungen auf Konjunktur, Preise sowie Beschäftigung.

Mit der namentlichen Abstimmung am Freitag entschied der Bundestag zwei Wochen früher als geplant. 396 Abgeordnete stimmten mit Ja, 146 dagegen. Von den insgesamt abgegebenen 545 Stimmen waren drei ungültig. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) verteidigte den Schritt zur Sanierung der Finanzen. "Diät ohne Anstrengung ist nicht möglich." Die Vorschläge der Opposition nannte er "Populismus".

Heftige Vorwürfe von der Opposition

FDP, Grüne und Linkspartei warfen der Koalition vor, Steuerzahler zu belasten, ohne das Kernproblem zu lösen. FDP-Chef Guido Westerwelle sprach von Wahlbetrug und "Steuerirrsinn". Vertreter der Opposition nannten die Pläne Etikettenschwindel. So stiegen zugleich Beiträge zu anderen Sozialkassen. Die Menschen dürften nicht für dumm verkauft werden. Union und SPD verwiesen darauf, dass 2007 zugleich die größte Senkung von Lohnnebenkosten greife als Beitrag für mehr Beschäftigung. Der Einzelhandel sprach von einem "schwarzen Freitag".

Die Anhebung der Mehrwertsteuer ist wichtigster Teil des "Haushaltsbegleitgesetzes". Es sieht auch die Erhöhung der Versicherungsteuer von ebenfalls 16 auf 19 Prozent vor. Zudem sollen das Weihnachtsgeld von Bundesbeamten halbiert und die Zuschüsse des Bundes für den Personennahverkehr in den Ländern gekürzt werden. Geplant sind weiter Einschnitte bei Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen sowie bei Zuschüssen für Krankenkassen. Das "Haushaltsbegleitgesetz" ist Teil des Maßnahmenpakets, mit dem Steinbrück die Staatskassen bis 2009 mittels Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen um insgesamt 117 Milliarden Euro entlasten will.

65 Milliarden Euro Mehreinnahmen

Zuletzt hatten in Aussicht gestellte Milliarden-Mehreinnahmen für den Staat den Streit neu entfacht. Das Plus geht aber vor allem auf die Steuererhöhungen sowie die weiteren Steuerpläne der Koalition zurück. Allein die Mehrwertsteuererhöhung schlägt mit einem Plus von rund 65 Milliarden Euro bis 2009 zu Buche. Mit dem Mehraufkommen aus einem Prozentpunkt der Steuererhöhung soll die Beitragssenkung zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf 4,5 Prozent zur Hälfte finanziert werden.

Handwerkspräsident Otto Kentzler sagte der "Bild"-Zeitung: "Die Kaufkraft der Kunden sinkt, die Konkurrenz durch Schwarzarbeit steigt und der harte Wettbewerb verhindert, dass die Steuer vollständig weitergereicht werden kann." Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig Georg Braun, kritisierte, dass die Erhöhung die Schaffung neuer Ausbildungsplätze verhindere. (tso/dpa)

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